MaxFun Sports Laufsport Magazin
Von der Vergänglichkeit des Augenblicks
Schon in Goethes Faust vernimmt man „Verweile doch, du bist so schön“, und eine Möglichkeit, diesen Satz zu interpretieren, ist sicher die, dass man die Vergänglichkeit von allem bedauert. Wieso ist es nicht möglich, den Zieleinlauf eines perfekt gelungenen Marathons in alle Ewigkeiten zu erleben? Die Endorphinausschüttung, die Schmerzen, die einem signalisieren, dass man tatsächlich das Maximum aus sich herausgeholt hat, den Jubel der zehntausend Zuseher, die Helikoptergeräusche, die Fanfare, die sich laut mit dem Applaus vermengt, die Umarmungen der Liebsten, die Ungläubigkeit darüber, „es“ geschafft zu haben, etc. Viktor Frankl mit seinem Heu in der Scheune hat keinen schlechten Vergleich gebracht; das, was man erlebt hat (also das Vergangene), liegt wie Heu in einer Scheune, die verschlossen ist; hie und da öffnet man die schwere Scheunentür, sieht, riecht, schmeckt und spürt man das, was im Inneren verborgen scheint. „Man ist nichts als die sehr subjektive Ansammlung seiner eigenen Erinnerungen“, klingt letztendlich sehr ernüchternd.
Faktum ist, dass diejenigen, denen es gelingt, positiver zu denken, es auch wesentlich leichter haben. Man kann seinen besten Wettkämpfen hinterher weinen, verzweifeln daran, dass man jetzt nicht mehr so stark, so gut, so schnell ist; man kann diejenigen, die die Leistung jetzt noch bringen können, beneiden, sie von der Seite ansehen, argwöhnisch, man kann damit hadern, dass alles seine Zeit hat. Man kann aber auch glücklich darüber sein, solche Augenblicke erlebt haben zu dürfen. Einen oder zwanzig Ironmen gefinisht zu haben, 1000 Meter unter 3:00 gelaufen zu sein, 120 kg Bankdrücken zu Wege gebracht zu haben oder Ähnliches.
„Nicht traurig, dass es vorbei, sondern glücklich, dass es gewesen.“ Zu einer solchen Einstellung müssen die meisten aber erst einmal kommen, viele neigen eher dazu, der Vergangenheit nachzuweinen. Vor allem ehemalige Spitzenathleten haben es oft nicht ganz einfach. Sie befinden sich jahrelang im Rampenlicht, alle Welt bewundert sie, man hebt sie in den Himmel, bejubelt sie, dann das Karriereaus, keine unmittelbaren, „großen“ Ziele mehr; im schlimmsten Fall Entzugserscheinungen – wer sein ganzes Sportlerleben lang gedopt hat, dem geht nicht zuletzt auch dieser Kick ab – aber natürlich, HEUTZUTAGE wird nicht mehr gedopt…Man fällt in ein tiefes, dunkles Loch und hängt seiner glorreichen Vergangenheit nach.
Manchmal stellt sich eine andere Frage: Was ist man eigentlich? Die Vergangenheit ist gewesen. Das ist oder war etwa der herrlich-schöne Herbstlauf letzten Sonntag am Rande von Wien in irgendeinem lieblich-pittoresken Laubwald. Man denkt zwar, dass man weiß, ihn tatsächlich erlebt zu haben, aber er ist definitiv nicht mehr gegenwärtig. Die Gegenwart selbst kann reduziert werden auf einen winzig kleinen Moment, den man – zeitmäßig – immer weiter teilen kann, unendlich oft wahrscheinlich, und jeder dieser Momente ist ohne Ausnahme sofort vorbei. Die Zukunft hingegen ist noch nicht, man weiß zwar, dass man stärker, schneller sein WIRD, wenn man Intervalle rennt, man kann mit seinen Handlungen sein zukünftiges Sein also beeinflussen, aber nichtsdestotrotz ist allen klar: Die Zukunft ist NOCH NICHT existent. Was ist es dann aber? Gerade beim Laufen kann man sich dies gut verinnerlichen. Wer kennt ihn nicht, den leicht schizophrenen Zugang dazu? Auf der einen Seite genießt man jeden Schritt, auf der anderen sehnt man sich schon nach der Zufriedenheit unter der Dusche. Und bis dorthin lauter winzig-kurze Puzzleteile, die das Ganze ergeben? Aussteigen aus dieser Denkmasturbation, zurück zur Realität! Die ist jetzt, lasst uns demütig und dankbar sein, erlebt zu haben, was wir erlebt haben, und freudig in die Zukunft blicken!
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