MaxFun Sports Laufsport Magazin
Läuferherbst
12.11.2014, 17:00:00
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MaxFun Sports/K.Köb |
Unvergessen wird sie bleiben, diese Einheit, unvergessen das goldbraungelbrote Laub, das allerorts den Horizont prägte, unvergessen der lockere Waldboden, der fast an allen Stellen vollkommen aufgeweicht war von den sintflutartigen Regenfällen, die in den letzten Tagen oder Wochen das Land überschwemmt hatten, unvergessen die Schritte, bei denen man bis weit über die Knie im faulig-riechenden Morast eingesunken war. Unvergessen auch der rasende Puls, der sich ergeben hatte aus dem Einsinken eigentlich bis zur Hüfte und der fulminanten Steigung des Hügels nahe dem Lainzer Tor, fast senkrecht führte der Pfad, der eigentlich so nicht hätte bezeichnet werden dürfen, direkt gen Himmel, Äste und Zweige rankten weit hinein, sodass man mit Buschmessern besser bedient gewesen wäre als mit Laufklamotten. Irgendwann vermeinte man in seinem Delirium, einen Bären, aber zumindest ein Rudel Füchse den Weg kreuzen gesehen zu haben, doch war man zu erschöpft gewesen, um sich darüber zu erschrecken, war einfach weitergetrabt und hatte sich darüber gewundert, dass nicht einmal die sonst übliche Adrenalinausschüttung stattgefunden hatte im Hochleistungskörper, der sich an diesem Tage so anfühlte, als sei er unter die gewaltigen Räder des gesamten Universums gekommen. Und unter die aller Paralleluniversen ebenfalls, und zwar gleichzeitig. Eigentlich hätte man ja im Lainzer Tiergarten selbst laufen wollen, doch dieser war heuer zum ersten Mal – man weiß es, weil man schwören kann, bislang immer und stets und vor allem nie nicht auch zu Winterszeiten mitten im Garten der Wildschweine gelaufen zu sein – im November geschlossen worden. Was viele Spaziergänger nicht weiter irritiert haben dürfte, weil diese einfach mit mitgebrachten Leitern über die hohen und mit Stacheldraht versehenen Mauern geklettert waren, manche sprangen gar mit wenig Anlauf über die Vier-Meter-Barrieren, aber nur die ganz Großen, für die es ein Leichtes gewesen zu sein schien, wahrscheinlich allesamt Hoch- oder Stabhochspringer des Nationalteams. Man selbst liebäugelte auch ein paar Minuten mit dem Überklettern, blieb dann aber aus reiner Vernunft auf der richtigen Seite der bösen Mauern. Vielleicht auch deshalb, weil die Wärter des Gartens mit mächtigen Stöcken auf die Eindringlinge losgegangen waren und diese blutig geschlagen hatten. Freilich konnten sich vor allem die Hochspringer kaum wehren, weil sie so zarte Wesen gewesen waren, die Stabhochspringer hatten es da schon besser, aber letztendlich dürften sie allesamt von den bereits lauernden Wildsäuen aufgefressen worden sein. Mit Haut und Haar. Gut also, dass man außen herum zu laufen begonnen hatte, auf dem malerischen Weg zwischen der Stadteinfahrt, auf der sich an diesem Sonntage kaum Automobile befanden, man zählte vielleicht eintausendzweihundertfünfzig, als man die ersten dreihundert Meter so dahintrabte in Richtung Aussichtswarte, die aber noch unendlich weit entfernt gewesen war. Man erinnerte sich an eine längst vergangene Schlacht, als man am letzten Anstieg auf Tuchfühlung gewesen war mit dem schnellsten Fleischer von Perchtoldsdorf, der zu diesem Zeitpunkt – und leider auch zum späteren, beim Überqueren der Ziellinie – Zweiter gewesen war, man selbst Dritter, doch dann war er einem beim Hinunterlaufen über die gar steilen Stiegen einfach wieder entwischt, und man hatte aus purer Angst zu stürzen und sich den Hals zu brechen nur zusehen können. Schön war das gewesen damals, aber schön war es auch heute, der Herbst ist doch die beste Zeit zum Laufen, die Gedanken sind oft zwar wirr, weil alles so kitschig, so unecht, die Luft aber so klar, der Wind so kalt, so schneidend, der Blick so fantastisch, der Ausblick auf der Warte ebenfalls. Macht das auch, Ihr Menschen, lauft in Lainz, im Wald, auf Wiesen, lächelt, seid dankbar über diese Stunden. Denn der Winter kommt bestimmt. Und wird noch schöner… Link: www.maxfunsports.com |