Irgendwann muss er schon wieder kommen, der Plan, mit dem man das neu Gesteckte erreichen möchte.
Die Schlacht ist geschlagen, Man ist im Ziel. Und am Ziel. Seiner Träume. Glücklich, sehr glücklich sogar. Man hat das erreicht, was man sich vorgestellt hat. Mehr noch vielleicht. Auf jeden Fall hat man sein Soll geschafft und liegt jetzt herum, völlig außer Atem, verschwitzt, kaputt, Krämpfe, Durst, Hunger, Kopfschmerzen. Ein paar Augenblicke später weniger rasanter Herzschlag, weniger außer Atem, der Schweiß hört langsam auf, in Strömen zu tropfen, der Durst wird nach und nach gelöscht, den ersten Hunger hat man mit ein paar Bissen Schoko, die man sich JETZT tatsächlich verdient hat, auch unter Kontrolle gebracht, das Kopfweh hat man sich nur eingebildet. Wieder ein paar Momente später steht man mit anderen im Zielbereich herum, analysiert das Rennen, gibt ein paar Anekdoten zum Besten, erzählt von seiner Vorbereitung, lässt sich auch von den anderen ein paar Märchen erzählen. Und wieder ein paar Augenblicke später steht man unter der Dusche, ist allein.
Und leer, völlig leer. Monate lang hat man sich vorbereitet auf genau diesen Tag, diesen EINEN Tag. Die Nacht bricht herein, immer noch zufrieden oder sogar etwas zufriedener, legt man sich hin. Und träumt den Traum der Gerechten. Dann das böse Erwachen. Was nun? Monatelange Arbeit ist nun zu Ende, man hat erreicht, was man wollte, bloß was jetzt? Der Tag liegt vor einem wie ein spiegelglatter Sommersee, den man nicht „beschwimmen“ kann, weil man schon lang nicht mehr schwimmen will. Man sieht keinen Sinn in dem Wasser, das sich vor einem darbietet, zu viel Wasser hinter einem, zu viel Emotion, zu viel Energie.
Viele, die erfolgreich einen Marathon oder Ironman absolviert haben, kennen sie, diese völlige Leere, die einen danach überfällt. Dieses Gefühl im Brustbein-Magen-Bauch-Bereich, das so schwer zu beschreiben ist. Die Glücksseligkeit auf der einen Seite, die untrennbar verbunden ist mit diesem Nichts auf der anderen. Welches aber auch wichtig ist. Fühlte man Zweiteres nämlich nicht, hätte man seine Ziele auch nicht erreicht. Egal wäre es, nichtig, keine Zeile würde man darüber „ausspucken“ wollen. So aber weiß man, was man geleistet hat, ist stolz, zufrieden, müde. Und leer. Diese Leere muss man aber auch durchleben, sonst fängt man zu früh an, dem neuen Ziel nachzulaufen, gibt sich gar keine Zeit, das Alte zu verkraften, zu verarbeiten.
Natürlich, irgendwann muss er schon wieder kommen, der Plan, mit dem man das neu Gesteckte erreichen möchte. Und der kommt auch irgendwann, aber geben Sie sich Zeit, denn nur aus dieser werden Sie genügend Kraft schöpfen können, um erneut zu reüssieren. Eine Sache gibt es dennoch; wer sein „letztes“ Ziel erreicht hat und sich dann zur Ruhe setzt, wird wohl ein größeres Loch zu durchleben haben.
Vor allem Spitzensportler fallen nach ihrem Karriereende oft in nie geahnte Tiefen. Manche setzen sich bereits während ihrer aktiven Karriere neue Ziele und fahren gar nicht schlecht damit. Die meisten zählen sich allberdings nicht zu den Spitzensportlern; dennoch sollte man sich auch hier nach Karriere- oder Wettkampfsportende anderen Zielen widmen, sich anders verwirklichen.
Christian Kleber (MAS)
Link: www.MaxFun.at