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Über das Lügen
08.09.2009, 12:00:00
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Gerd Altmann(geralt)/PIXELIO |
Das hatte schon Arthur Schopenhauer vor rund 200 Jahren erkannt und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Lüge eine menschliche Grundvoraussetzung zu sein scheint. Es sieht so aus als gebe es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass wir Wesen sind, die Bewusstsein entwickelt haben, die sprechen können, und der Fähigkeit zu lügen. Das eine bedingt offenbar das andere. Wir können also aufgrund der Tatsache, dass wir bewusste Wesen sind in Distanz zu uns selbst treten. Der Akt der Lüge ist der Akt, wo der Mensch, der ja dann auch noch sehr junge Mensch, also das erst ein paar Jahre alte Kind, das zum ersten Mal lügt, die Erfahrung dieses Selbst macht. Spannend ist in diesem Zusammenhang die Überlegung, ob das Lügen im Grund eher einen Defekt oder eine Kompetenz darstellt, heißt ob es schwerer ist zu lügen als die Wahrheit zu sagen. Seit Platon gibt es in der Philosophie die These, dass Lügen wesentlich schwieriger ist, als die Wahrheit zu sagen und es eigentlich keine große Kunst ist, einfach zu sagen was man denkt. Denn der Lügner muss sich erstens eine Geschichte ausdenken und diese muss darüber hinaus auch noch überzeugend sein, sie darf anderen Geschichten nicht widersprechen, muss glaubwürdig wirken usw. Das heißt, jemand, der wirklich so lügen will, dass er als Lügner nicht entlarvt wird, muss ein ziemlich aufwändiges Instrumentarium und ein ausgesprochen gutes Gedächtnis zur Verfügung haben. Wie die ganze Sache allerdings moralisch zu argumentieren ist, ist ein ganz anderes Problem. Die Verwerflichkeit der Lüge hängt aber wahrscheinlich in jedem Fall davon ab, welcher Mensch überhaupt das Recht auf meine persönliche Wahrhaftigkeit hat. Was wirklich wahr ist, weiß mit Sicherheit niemand aber man selbst weiß, was man für wahr hält. Unter Lüge verstehen wir dann normalerweise, wenn jemand etwas anderes sagt, als das, was er selbst für wahr hält. Gerade durch die technischen Möglichkeiten der letzten Jahrzehnte haben sich aber die Möglichkeiten zu lügen oder zu betrügen auf der einen Seite ins Hundertfache gesteigert andererseits durch die immensen Kontrollmöglichkeiten auch wiederum stark verringert. Vor etwas über 10 Jahren konnte man z.B. bei einem Marathonlauf in einer großen Stadt wie Wien noch die Hälfte mit der U-Bahn zurücklegen und auf diese Weise eine tolle Zeit für sich in Anspruch nehmen, heute ist so etwas aufgrund der elektronischen Zeitnehmung mittels Chip nicht mehr möglich, die erreichte Zeit ist fast immer auch die tatsächlich gelaufene. Auf der anderen Seite, wird es immer leichter, die eigene Leistung durch andere Mittel zu verbessern, die dann ebenfalls meist sehr fragwürdig sind. Inwieweit jemand also den eigenen Umgang mit dem Lügen gestalten möchte, sei jedem selbst überlassen. Zu bedenken gilt allerdings, dass es moralisch dann fragwürdig wird, wenn andere Menschen vom eigenen Lügen in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine erlogene sportliche Leistung ist vielleicht dann noch Sache des Einzelnen, wenn sie niemandem schadet. Wer aber mit seinem Lügen auch noch Vorteile erläuft, der macht sich moralisch zweifelhaft. Dr. Günter Heidinger |