MaxFun Sports Laufsport Magazin
Kipchoge´s Wunderschuh
Vier Prozent, so groß soll die Verbesserung der Laufleistung beim Marathon sein, so man einigen Berichten über den neuen Wunderschuh einer Schuhmarke Glauben schenkt, Eliud Kipchoge (und wohl auch sein gesamtes Team) verwendet die Treter schon länger.
Hier einige Gedanken zu dieser Zahl und zu Laufschuhen generell:
Also wenn das wirklich stimmt, dann wäre das der Hammer. Wobei, WAS genau soll denn eigentlich stimmen, was ist gemeint mit 4% Verbesserung der Laufleistung? Spricht man hier die mögliche Endzeit an, dann wäre das klarerweise nicht nur der Hammer, sondern gleich ein ganzes Sortiment an Vorschlaghämmern.
Denn nicht nur Adam Riese weiß, dass eine 4%ige Zeitverbesserung bei knappen 120 Minuten fast 5 Minuten Zeitersparnis ausmachte. Sprich, all diejenigen, die einen Marathon in etwas unter 2:05h laufen können – und das sind mittlerweile doch einige – könnten dann mit Eliuds Schuh unter 2:00h rennen oder wie?
Nicht leicht zu beantworten
Schwierig zu sagen, weil man ja nicht (wirklich) weiß, mit welchen Schuhen „die anderen“ ihre Zeiten gelaufen sind und worauf sich die 4%ige Verbesserung denn eigentlich bezieht. Auf „herkömmliche“ Laufschuhmodelle? Oder auf die Vorgängermodelle des neuen Wunderschuhs? Oder gar auf Barfußläufer Abebe Bikila, der 1960 unbeschuht zum Marathon-Olympiasieg eilte? Oder aber meint man mit 4%iger Verbesserung der Laufleistung, dass man seine Laufökonomie um 4% verbessern kann? In diesem Falle wäre das zwar auch eine tolle Steigerung. Aber aufgrund der Tatsache, dass es noch viele andere Komponenten gibt, die die Laufleistung beeinflussen (VO2max, Fettstoffwechsel, Körpergewicht, Wetter, Strecke usw…), könnte man diese 4% nicht mit einem reinen Zeitgewinn von 4% gleichsetzen. Oder aber benötigt man 4% weniger Energie (also in Form von KH und Fetten), wenn man mit diesem Schuh z. B. 21,2km/h rennt? Oder baut man um 4% weniger Laktat auf bei Geschwindigkeit X? Oder ist man mit 4% weniger Schwellenleistung unterwegs? Oder, oder, oder, was bedeuten diese 4% nun eigentlich, niemand kann oder will das so genau sagen.
Alle wollen jetzt diesen (oder einen vergleichbaren, durchaus auch von einer anderen Marke) Schuh haben, weil alle schneller laufen (können) wollen, keine Frage. Aber wie weit darf man denn da gehen (respektive laufen)? Werden wir in fünf Jahren mit Siebenmeilenpatschen „laufen“, wird dann jeder auch noch so unbegabte Hobbyläufer an der 2h-Schallmauer kratzen, weil man bei jedem Schritt fünf Meter weit geschleudert wird, ganz legal?
Vorgaben durch das Reglement
Im Radsport ist ja auch nicht alles erlaubt. Das Reglement gibt hier klare Vorgaben, damit man nicht mit „halben Mopeds“ unterwegs ist. Im Triathlon sieht das ein wenig anders aus. Hier sind futuristischem Design und aerodynamischen Highlights kaum Grenzen gesetzt, nicht zuletzt deshalb auch die Wahnsinns-Zeitentwicklung in den letzten Jahren. Man stelle sich dennoch vor, dass bei Städte-Marathons und sonstige Wettläufen sämtliche Teilnehmer mit Vollfederungsschuhen unterwegs wären. Allein der Gedanke daran ist eigentlich unvorstellbar, weil das Ganze dann überhaupt nichts mehr mit dem, was wir heute unter Laufsport verstehen, zu tun hätte.
Sind die 4% - was auch immer man darunter verstehen möchte – also moralisch vertretbar oder nicht? Schwierig zu sagen, wenn man so wenig darüber preisgibt und nicht nur uns Konsumenten im Dunklen tappen lässt. Klar, man möchte horrende Summen für solche Wunderschuhe zu verlangen, und da ist ein bisschen Geheimniskrämerei sicher förderlich. Aber wie kann man solche Superleistungen von Superläufern rund um den Globus dann noch einschätzen? „Laufen musste er ja trotzdem selber“, war von einem Experten zu hören nach dem Lauf in die Geschichtsbücher. Ja, das schon, keine Frage, und es war schwer beeindruckend, dennoch will der interessierte Beobachter wissen, was es mit diesen 4% auf sich hat, und zwar genauestens.