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Diogenes von Sinope: Der philosophische Hund
10.06.2010, 12:00:00
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Einer von ihnen war der berühmt berüchtigte und gefürchtete Diogenes von Sinope, ein Tabubrecher, Querdenker und Provokateur, der sich hinter der Maske des Clowns versteckte und laut Überlieferung in einem Fass hauste. Unzählige Anekdoten sind von ihm überliefert, die schon seine Zeitgenossen verwirrt hatten. So antwortete er einmal Alexander dem Großen, der sich bereit erklärt hatte, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, einfach nur mit den Worten: „Geh mir aus der Sonne!“ Eine interessante Frage wäre im Übrigen ob Diogenes in unserer Zeit überhaupt eine Chance hätte, wahrgenommen zu werden. Möglicherweise schon, allerdings wahrscheinlich nur unter der Bedingung, dass er seine Provokationsmittel von damals deutlich verändern würde. In einem Jahrhundert, in dem alle Tabus, gleich ob religiöse, sexuelle oder ökonomische kaum mehr vorhanden sind, könnte wohl nur mehr ein ganz ungeheuerlicher Skandal Aufsehen erregen. Indes würden einige von Diogenes Tabubrüchen auch nach unseren Normen recht extrem wahrgenommen werden. So zum Beispiel war es damals vollkommen deplaciert, auf offener Straße etwas zu verzehren, genauso wie das Gegenteil davon, nämlich sich zu entleeren. Als Diogenes einmal mitten auf dem Marktplatz sein Essen auspackte, riefen die Umstehenden in einem fort: „Du Hund!“ Er aber meinte nur, dass sie selbst die Hunde seien, weil sie ihn beim Essen umlagerten. Diogenes verstand es nämlich vortrefflich, den Spieß umzudrehen und die Lacher auf seine Seite zu bringen. Einmal warfen Gäste bei einem gemeinsamen Mahl dem Diogenes ihre abgenagten Knochen zu, wie einem Hund. Ohne einen Augenblick zu zögern, sprang der aber auf, hob das Bein und pisste die Verdutzten an. Ebenso wie ein Hund dies tut. Diogenes arrangierte sein Leben im Grunde als fortwährendes öffentliches Ärgernis und hatte auch noch seinen Heidenspaß dabei. Seine Zeitgenossen nannten ihn „kon“, den Hund, und wer ihn nach den Gründen fragte, hörte meistens dies: „Weil ich, die mir etwas geben, mit dem Schwanz anwedele, die mir nichts geben, anbelle und die mir lästig fallen, beiße“. Diogenes hatte die Gewohnheit, alles in der Öffentlichkeit zu verrichten, sowohl was die Korngöttin Demeter als auch was die Liebesgöttin Aphrodite betraf. Es würde ihm Freude bereiten, all die falschen Ideale unserer Welt zu demaskieren, unsere Dogmen, Doktrinen und Mythologien unter Gelächter zu demontieren, unsere Konventionen, sinnentleerten Rituale und fraglos hingenommenen Abhängigkeiten auf ihren Sinn zu hinterfragen, vielleicht auch das Laufen als Massenveranstaltung? Begeistert wäre Diogenes über so manches, was er schon vor mehr als 2000 Jahren gesehen hatte und heute Wirklichkeit geworden ist. Ob die Hippies der 70er Jahre oder die heutige grüne Bewegung, die Ökologen, die Naturaposteln, die Konsumverweigerer, die Aussteiger oder Kirchenaustreter, alle ihre Motive hatte Diogenes schon vorweggenommen und angedacht. Im Grunde könnten sie sich alle auf ihn als Ahnen berufen. Ob Diogenes auch gelaufen ist, bleibt offen, viel gegangen und bewegt hat er sich sicherlich. Wir können ja einige seiner Gedanken als Anregung zum Nachdenken für unseren nächsten Zen-Lauf mitnehmen. Dr. Günter Heidinger Link: www.zen-running.at |