MaxFun Sports Laufsport Magazin
Olympische Spiele in Rio de Janeiro
Das Telefoninterview wurde bereits im Februar 2015 (von der Redaktion MaxFun Sports)
mit Mag. Hannes Gruber, Sportdirektor ÖLV, anlässlich der 2016 in Rio de Janeiro stattfindenden Olympischen Spiele, geführt.
MaxFun Sports: Welche österreichischen Athleten haben Ihrer Meinung nach die besten Chancen, zu den Olympischen Spielen 2016 zu fahren?
Mag. Hannes Gruber (G): Das hängt natürlich mit der Erbringung der Limits zusammen, die stehen allerdings noch nicht fest, die bekommen wir von der IAAF erst im April. Prinzipiell können wir uns da aber mit ziemlicher Sicherheit an den Weltmeisterschaftslimits für 2015 (Peking) orientieren. Und klarerweise haben unsere A-Kader-Athleten, aber auch einige unserer B-Kader-Athleten, gute Chancen, diese Limits zu erbringen. Der A-Kader besteht aus Andreas Vojta (1500m), Gerhard Mayer (Diskus), Dominik Distelberger (Mehrkampf), Beate Schrott (Hürden), Andrea Mayr (Marathon, obwohl sie eigentlich unser Berglauf-Aushängeschild ist) und Kira Grünberg (Stabhoch). Wobei Andrea Mayr sich komplett offenlassen möchte, ob sie 2016 nochmals Marathon laufen wird. Im B-Kader sind Sportler wie der jetzt 19-jährige Nikolaus Franzmair, der in der Jugend (U18) Weltrangliste Erster (!!!) war über 1.000 m (2Min20) und auch eine unfassbar schnelle 800-er-Zeit für einen Junioren (1:46) stehen hat. Oder Jennifer Wenth, Lukas Weißhaidinger und Ivona Dadic. Aber wie gesagt, man kann heute noch nicht genau abschätzen, wie sich die Leistungen entwickeln und wer letztendlich die Limits schaffen wird.
MaxFun Sports: Welche Leistungen von österreichischen ÖLV-Athleten fanden Sie bislang am beeindruckendsten?
G: Das ist schwer zu sagen, da gibt es viele. Ganz toll war z. B. der 8. Platz über 3.000 m Hindernis vom damals 22jährigen Günther Weidlinger im Jahr 2000 in Sydney. Oder auch der 8. Platz von Beate Schrott über 110 m Hürden in London. Ganz herausragend ist aber unsere 5-fache Berglaufweltmeisterin Andrea Mayr, die zwar erst einmal bei den Olympischen Spielen am Start war, ihre Erfolgsbilanz ist aber unvergleichbar, ob Laufsport, Berglauf, Treppenlauf, Duathlon oder sogar Rad fahren. Und natürlich darf man das ehemalige Weltklasse-Trio Millonig, Nemeth und Konrad nicht vergessen, das Ende der 70er-, Anfang der 80-er-Jahre, in einer Zeit, als schwarze Läufer noch nicht so dominant waren, auf den kürzeren Langstrecken sehr erfolgreich war.
MaxFun Sports: Wen betrachten Sie als erfolgreichsten Leichtathleten aller Zeiten?
G: Das ist schwierig zu beantworten, da kommt es auf die Kriterien an. Wie oft jemand gewonnen hat, wie etwa Usain Bolt in Peking 2008 und London 2012 (je 3-mal), ob es sich um eine unglaublich herausragende Leistung wie die von Bob Beamon 1968 im Weitsprung (Verbesserung des damaligen Weitsprung-Weltrekordes um 55 cm auf 8,90m) handelt oder um eine Fabelzeit wie die von David Rudisha über 800m in London 2012. Aber einen möchte ich besonders hervorheben, und das ist Haile Gebrselassie, der viele Jahre lang die Ausdauersportszene dominiert, 26 Weltrekorde aufgestellt und in seiner Heimat vielen Menschen Arbeit gegeben hat. Und einfach ein Vorbild ist, nicht nur deshalb, weil er immer ein Lächeln auf den Lippen hat, sondern weil er sich sozial in hohem Maße engagiert.
MaxFun Sports: Ist der Sport heutzutage bereits zu kommerziell? Insbesondere, wenn man bedenkt, wie viel Geld in den Bau von olympischen Sportstätten gesteckt wird? Oder in die pompösen Eröffnungs- und Schlussfeiern? Widerspricht man damit nicht dem ursprünglichen Gedanken der Olympischen Spiele?
G: Sport ist völkerverbindend. Palästina etwa ist ein international nur bedingt anerkannter Staat der Levante, aber Mitglied der IAAF (Weltleichtathletikverband). Nord- und Südkorea sind bei den Olympischen Spielen 2000 gemeinsam einmarschiert. Und natürlich, auch im Sport ändern sich Dinge. „Dabei sein ist alles“ zählt heute nur noch bedingt. Wer zu den Olympischen Spielen fährt, möchte Leistung zeigen, vorn dabei sein, im Idealfall eine Medaille holen. Außerdem muss man sich vor Augen halten, dass z. B. nach Rio 10.500 TeilnehmerInnen und 5.500 Betreuer fahren, die muss man im Olympischen Dorf unterbringen und zu den Sportstätten bringen. Die Olympischen Spiele sind das größte Sport-Event der Welt, und wenn man nachhaltig arbeitet – wie z. B. in London, wo man einen eher heruntergekommenen Stadtteil modernisiert hat und die Sportstätten weiterhin nützt – dann ist auch der Sportstättenbau intelligent. Oder denken Sie an Athen, ohne die Olympischen Spiele gäbe es dort keine U-Bahn! Und dann hat sich natürlich noch etwas geändert: Die Athleten heutzutage sind Vollprofis, müssen welche sein, weil sie sonst keine Chance hätten, auch nur an Olympischen Spielen teilzunehmen. Man denke an den einstigen Ausnahmeläufer Paavo Nurmi, der wurde 1932 ausgeschlossen, weil er den Amateurstatus verletzt hat – er nahm eine Reisespesenvergütung an…
MaxFun Sports: Letzte Frage, was wünschen Sie sich als ÖLV-Sportdirektor für Rio?
G: Wir hatten in London sieben Athleten dabei, wenn wir das in Rio auch erreichen und jeder dort die ihm optimal-mögliche Leistung erbringen kann, bin ich schon sehr zufrieden.
MaxFun Sports: Herr Mag. Gruber, vielen Dank für das Interview!
G: Vielen Dank auch!
Link: www.maxfunsports.com