MaxFun Sports Laufsport Magazin

Essstörungen und Leistungssport

17.03.2011, 12:00:00
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Ausgemergelte Läufer und Läuferinnen kennt man zur Genüge, wenn nicht persönlich, dann zumindest aus dem Fernsehen.

Zum einen muss klar sein, dass absolute Spitzenleistungen im Ausdauersport - etwa im Marathon - nur möglich sind, wenn man ALLE Möglichkeiten ausschöpft. Vor etwas mehr als 100 Jahren konnte man mit einer Marathonzeit um die drei Stunden noch Olympiasieger werden, danach kräht heute kein Hahn mehr. Haile G. hält sogar eine Zeit von unter zwei Stunden für möglich. Dass so etwas nur möglich ist, wenn man ein Minimum an Körperfett und generell ein Minimum an "Zusatzgewichten" welcher Art auch immer mit sich trägt, dürfte klar sein. Sämtliche andere Parameter müssen auch stimmen (also z. B. maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit, Fettstoffwechsel, Laktattoleranz, usw.), Tagesform, Motivation, "Sich quälen können", usw. Aber sehr bedeutsam ist eben die Tatsache, dass jedes Gramm Fett oder Muskulatur mehr auch mehr Sauerstoff benötigt. Sauerstoff, den man aber nicht unbegrenzt zur Verfügung hat.

So rutschen viele Sportler in den gleichen Teufelskreis. Irgendwann einmal mit irgendeiner Art von körperlichem Training begonnen, anderen nachgeeifert, in der Pubertät eventuell auch ein paar "Schönheitsidealen" (die von uns allen dazu gemacht worden sind), dann beschäftigt man sich mit Ernährung; die meisten aber eher nur mit Kalorienzählen. Dann bekommt man so nach und nach mit, dass man, wenn man vorne sein will, dünner und dünner sein muss. Schließlich findet man Gefallen daran, ausgemergelter und ausgemergelter auszusehen, auch daran, dass man immer wieder darauf hingewiesen wird, dass man "schlecht aussähe". Nichts schlimmer für einen Ausdauersportler, wenn einem gesagt wird, man "sähe aber gut aus", das wird sofort gleichgestellt mit "dick sein".

Man trainiert immer härter, wird immer besser, gleichzeitig aber noch dünner. Man trainiert auch immer öfter auf nüchternen Magen, um so den "Fettstoffwechsel noch mehr anzuregen", braucht auch nach der Einheit nichts oder kaum zu essen, wird aber dennoch immer schneller. Das Paradoxe daran ist, dass selbst Spitzenleistungen mit Fehl- oder Mangelernährung möglich sind. Selbst mit Brechsucht, Ess-Brechsucht oder Magersucht können über einen bestimmten Zeitraum Top-Leistungen erbracht werden.

Die Situation kann sich aber durchaus drastisch verschlechtern, dann nämlich, wenn man psychisch daran zugrunde zu gehen droht. Viele sind sich bewusst, dass das, was sie machen, nicht gesund, nicht physiologisch ist. "Lebensmittel" heißen nicht zuletzt deshalb so, weil sie Leben gewährleisten. Wenn man nichts oder nur viel zu wenig in sich behält, setzt man dieses letztendlich aufs Spiel. Und wozu? Nur, um wieder einen Wettlauf zu gewinnen, für einen neuen Rekord oder um noch schlanker und "erotische"“ für das andere Geschlecht (es sind übrigens auch genügend Männer betroffen, denken Sie nur an sich akribisch ernährende Triathleten) zu wirken (was ohnehin nicht der Fall ist)? Die Antwort lautet klarerweise "Ja", sonst würde es ja niemand tun. Wie weit ist unsere Gesellschaft schon vorangeschritten, dass es solche Auswüchse gibt? Das Rad der Zeit lässt sich nicht mehr zurückdrehen, mit 2h40 rennt man keinen neuen Rekord mehr; dennoch kann anfangs noch jeder selbst für sich entscheiden, welchen Weg er geht. Man hat immer eine Möglichkeit! Aber kaum ein Spitzen-Ausdauersportler, der sich hier nicht wiedererkennt. Und kaum einer, der es zugeben wird.

Christian Kleber (MAS)

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