MaxFun Sports Laufsport Magazin
Milo oder 10 Kilo Fleisch pro Tag
08.09.2009, 12:00:00
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Jürgen Kasperek/PIXELIO |
Unter anderem gewann er den Knabenringkampf in Olympia und danach bei fünf aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen den Lorbeer in derselben Disziplin bei den Männern. Milo wurde zum Gegenstand eines fanatischen Kultes und zahllose Anekdoten beschreiben seine gewaltigen Körperkräfte. Der Legende zu Folge aß er täglich 10 Kilo Fleisch, 10 Kilo Brot und trank dazu 10 Liter Wein. Einmal soll er mit einem Stier auf den Schultern um das Stadion gelaufen sein und danach das Tier mit einem einzigen Fausthieb getötet und am selben Tag verzehrt haben. Man sagte ihm ferner nach, dass er imstande war, ein um die Stirn geknotetes Band nur durch die Anspannung seiner Ader sprengen zu können. Bis zur hellenistischen Zeit erhielten die Olympiasieger nur symbolische Preise und mussten einem Broterwerb nachgehen, der Berufsathlet war noch unbekannt. Allerdings trug die erfolgreiche Teilnahme an Olympia den Athleten viele besondere Vorrechte ein. Milo hatte deshalb eine hohe Stellung in der krotonischen Armee inne und kämpfte gegen viele gegnerische Streitmächte. Er war aber neben seiner sportlichen Tätigkeit auch Jünger des mystischen Mathematikers und Philosophen Pythagoras. Ganz im Sinne der Zen-Running Philosophie haben wir es also hier wieder mit einem bedeutenden Menschen zu tun, der nicht nur körperlich, sondern auch geistig aktiv war. Was Milo an der pythagoreischen Lehre anzog, war der Gedanke, dass es so wie es drei Arten von Menschen gab, welche die olympischen Spiele besuchten, nämlich solche, die etwas kauften und verkauften, solche die an den Wettkämpfen teilnahmen und schließlich die Zuschauer, es auch in der Gesellschaft drei Arten von Menschen gebe. Pythagoras vertrat die Ansicht, nur der Zuschauer, der kontemplative Mensch, also der Philosoph, dürfe hoffen, sich über die Zufälle des Lebens und die Sinnlosigkeit des unvermeidlichen Verfalls zu erheben. Er lehrte ferner, dass die Seele im Körper gefangen sei wie in einem Grab und dass sie nach dem Tode die Fähigkeit habe, in einen anderen Körper einzugehen. Dass solche Theorien einem Champion anziehen mussten, der dem Verfall seines Körpers entgegensah, liegt auf der Hand. Pythagoras bot also Milo eine Möglichkeit, sich mit dem Nachlassen seiner Kräfte abzufinden und seine Verwandlung vom Wettkämpfer zum Zuschauer dergestalt zu rationalisieren, dass letzterer Status als der höhere erschien. Wir Zen-Runner wollen hoffentlich nicht tatsächlich nur Zuschauer werden, sondern vielleicht eine andere Möglichkeit wahrnehmen, die körperliche Leistung nicht als das einzige zu sehen, haben wir doch auch noch geistige und seelische Möglichkeiten. Deshalb können wir auch trotz nachlassender Kräfte noch weiterlaufen. Ob wir dazu 10 Kilo Fleisch und Brot täglich zu uns nehmen wollen, sei dahingestellt. Die 10 Liter Wein sind wahrscheinlich auch etwas zu viel! Dr. Günter Heidinger |