MaxFun Sports Laufsport Magazin

Are you crazy?

03.10.2015, 18:00:00
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MaxFun Sports

Bunt angezogene Verrückte

In den späten Siebzigern und frühen Achtzigern des verflossenen Jahrhunderts hirschten sie herum, die bunt angezogenen Verrückten, durch Wald und Flur, über Asphalt und Stein, sie schwitzten und stanken, doch sie fuhren nicht mit der U-Bahn; teils, weil es Teile davon noch gar nicht gab, teils, weil sie NIEMALS öffentlich unterwegs gewesen wären, wenn man aus eigener Kraft auch hingelangen konnte, wohin man eben gerade wollte. Die Drahtesel sahen aus wie das Stahlrad von Eddy Merckx, bald kamen „futuristisch anmutende“ Aufleger hinzu, die man scheinbar aus alten Einser-Sesselliften gefertigt hatte. Besonders Fortschrittliche hatten urzeitmäßige Trinksysteme am Sattel oder gar am Lenker montiert, die für ausreichende Hydration sorgten. Man schwamm in Neoprenanzügen, die man offensichtlich irgendwelchen Surfern am Strand von Podersdorf oder Hawaii gestohlen oder wenigstens zum Spottpreis abgeluchst haben musste, viel zu dick, dafür Auftrieb en masse. Lange Haare, zum Zopf gebunden, Tätowierungen am ganzen Körper, und man war cool, richtig cool. Denn man gehörte zu den Ersten, die sich dem Laufsport oder Triathlon verschrieben hatten, und man wurde vom Rest der Bevölkerung angesehen, als hätte man irgendeine ausgesprochen seltsame Krankheit, als wäre man dem Andromedanebel entfleucht. Man war anders, völlig anders, man stach heraus. Und man war stolz darauf, dass einen fast alle anderen für geisteskrank erklärten. Nichts war bekannt, alles neu, man versuchte dies, versuchte das, scheiterte ein ums andere Mal, doch auch die Erfolge stellten sich ein, nach und nach, da man ja ein Lernender war. Alles war Abenteuer, Abenteuer pur.

Heute sieht man sich vor einer völlig veränderten Kulisse. Hochprofessionell wird gearbeitet, wer an die Spitze will, muss dies bereits im zartesten Kindesalter wissen; denn wer nicht rechtzeitig lernt, wie man sich im Wasser bewegt, kann niemals aufholen, was einmal versäumt. Trainingspläne ausgeklügelter als ausgeklügelt, Trainer, die mit einem ganzen Stab an sonstigen Betreuern an jeder Strecke stehen, Watt-Messsysteme, an deren Werten man sich nicht nur orientieren kann; sie sind sozusagen Logbuch, Computerspiel und Bibel in einem. Zufälle werden zwar nicht ausgeschlossen, aber doch, so gut es geht, an den Rand gedrängt. Hie und da spielt das Wetter verrückt, hie und da sogar der eigene Körper, die Psyche, aber sonst weiß wenigstens der Hobbysportler bereits im Vorhinein ziemlich genau, was im Nachhinein herauskommen wird dabei. Plus minus zwei, vielleicht drei Prozent. Beim Spitzensportler sind diese Nuancen natürlich ausschlaggebend über Sieg und Niederlage, und daher ist es wesentlich spannender, fünfzig oder mehr Menschen beim Zielsprint, der mittlerweile gleich ein paar Kilometer lang dauern kann, zuzusehen. Oft wird erst in allerletzter Sekunde entschieden, wer gewinnt, das Niveau allerorts erschreckend hoch und nicht zuletzt aufgrund der Daten erschreckend ähnlich.

Mit Abenteuer hat dies nur noch wenig zu tun, denn Abenteuer verbindet man eher mit Unvorhergesehenem, Unberechenbarem und Verrücktem. Genau das findet man bei neu aufbereiteten Wettkämpfen wie zum Beispiel den Ultra-Trails, die sich oft über mehrere Tage und durch unmöglich zu durchquerende Teile dieser Erde erstrecken. Dort gibt es dieses „Crazy-Feeling“ noch, dort gibt es sie noch, die Typen, die an Old Surehand und Winnetou erinnern, die scheinbar mühelos eine rohe Kartoffel zerdrücken können, nur mit bloßer Faustkraft, die ein Mammut hundert Kilometer gegen den Wind wittern, die keine Lederjacken kaufen müssen, weil ihre Haut selbst aus Leder…aber es liegt in der Natur des Menschen, dass auch dort Wissenschaft und Fortschritt schneller einziehen werden, als uns lieb ist – und dann wird es Zeit für das nächste Level – in diesem Sinne – hang loose and stay crazy, wenigstens ein bisschen!

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