Erinnerung gegen Gegenwart

Immer Vollgas, es ging gut.

Er wusste, dass er das gewesen war, nicht zuletzt deshalb, weil er immer wieder auf den Ergebnislisten im Netz nachsah, ob sein Name noch zu finden war, und er war es jedes einzelne Mal, ergo musste ER es gewesen sein, der da mit vielen anderen um Pokale, Medaillen und Platzierungen gekämpft hatte. Nicht, dass er jetzt nicht mehr trainieren würde, er trainierte tagtäglich, manchmal sogar zwei- oder dreimal, bloß machte er sich etwas mehr Gedanken über alles. Und fragte sich, wo eigentlich dieser Mensch von früher hingelaufen, -gefahren oder -geschwommen sein mochte.

Wo waren all die Schmerzen der Ironmans? Wo waren all die einzelnen Kilometer der Marathons? Wo waren die Eindrücke und Emotionen von den tausenden Kilometern, die er zweifelsohne irgendwann einmal gehabt hatte? Er konnte sich zwar schon an relativ viele Dinge erinnern, aber schon allein der heutige 15-km-Lauf machte ihm Kopfzerbrechen; wenn er überlegte, so richtig überlegte, wusste er noch, dass er weggelaufen war und nach etwa der Hälfte kurz austreten hatte müssen, er wusste auch noch, dass er unterwegs zwei Trainingsfreunde vergangener Tage getroffen hatte und dass er glücklich gewesen war, als er daheim unter der Dusche gestanden hatte. Aber alle Momente, die er – wieder – zweifelsohne erlebt hatte bei diesem heutigen Lauf, ALLE Momente konnte er sich nicht mehr herbeirufen. Geschweige denn all die früheren Trainingseinheiten und Wettkämpfe.

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