Sterne lügen nicht

Man kann von Astrologie halten, was man will – allein der gesunde Menschenverstand muss einem sagen, dass die Sterne nicht lügen. Nicht lügen können. Genauso wenig wie die allerkleinsten der bereits entdeckten Teilchen, seien es nun Strings oder Quarks oder Photonen oder weiß der Kuckuck, was. Apropos Kuckuck – auch der kann, streng genommen, nicht lügen. Ganz streng genommen kann wahrscheinlich niemand lügen, denn alles ergibt sich aus allem. Irgendwie. Wie in einer schier unendlich ablaufenden Wenn-Dann-Funktion. Urknall, Peng, alles driftet auseinander, unvorstellbar heiß, immer weiter, immer kühler, die ersten Elemente schließen sich zusammen, die ersten Himmelskörper, schließlich, nach einer halben Ewigkeit unsere Erde, nach einem Viertel Ewigkeit die ersten Zellen, nach einem Achtel Ewigkeit die Dinosaurier, irgendwann der Mensch. Alles entsteht aus einem bestimmten Grund, der zeitlich – zumindest für unseren beschränkten Verstand – davor angesiedelt sein muss. Wenn, dann, wenn, dann, wenn, dann.

Die Theorie vom Flügelschlag des Schmetterlings am Fuße des Kilimandscharo und dem damit verbundenen Umfallen des rostigen 80-Euro-Rades in Istanbul mag verrückt anmuten, hat aber durchaus ihre Berechtigung. Klarerweise kann man jemanden der Lüge bezichtigen, wenn er etwas offensichtlich Unwahres von sich gibt. Bloß bedenke man dabei zwei Dinge; erstens, auch die Lüge hat ihre Gründe, die zeitlich davor zu suchen wären, vielleicht sollte man daher statt von Lüge von einer ganz normalen Wenn-Dann-Funktions-Aussage sprechen. Zweitens ist alles rein subjektiv. Was für den einen die Lüge, mag für den anderen die Wahrheit sein.

Man kann wohl aus der jeweiligen Sternenkonstellation ablesen, welches Sternzeichen heuer bei welchem Marathon besonders schnell/mittelmäßig/langsam abschneiden wird.

Oder man könnte, müsste man doch wohl bis ans äußerste Ende unseres Universums – und vielleicht darüber hinaus – blicken, und zwar in jede erdenkliche Richtung; man müsste alles Existierende in die Berechnung miteinbeziehen. Und damit ist wirklich alles gemeint. Mag sein, dass die eine Astrologin oder der andere Sternendeuter dies bewerkstelligen kann, mit eigenen Methoden, vielleicht mit übernatürlichen Kräften. Die es – verstehen Sie mich nicht falsch – durchaus geben könnte, warum auch nicht. Aber nur, weil der Mond im Wassermann steht oder im Skorpion oder Steinbock, das ist ein bisschen dürftig, schwer zu glauben.

Liest man sich diverse Horoskope durch, so findet man zwar nicht dasselbe, aber sehr oft sehr ähnliches, das man mit subjektiven Deutungen in alle möglichen Richtungen lenken kann. Nur, weil Mond und Sonne in einem ganz bestimmten Winkel zueinander und zur Erde stehen, nur weil Neu-, Voll- oder Halbmond ist, nur weil Sonneneruptionen stattfinden, heißt das noch nicht, dass man exakt am 23. April um vier Minuten und sechzehn Sekunden unter der 3-h-Marke bleiben wird. Oder sich ganz besonders gut fühlen wird. Oder dass Stiere im Wonnemonat Mai besonders belastbar sind, Waagen im Juni auf ihre Gesundheit achten müssen und Intervalleinheiten daher meiden sollten. Das wäre doch zu einfach, meine Damen und Herren.

Dennoch ein schnelles Horoskop.
Allen Sternzeichen, die 2017 gut drauf sein wollen im Sport, sei gesagt, dass sie vor allem in den kalten Wintermonaten auf ihre Gesundheit achten mögen, besonders beim Sporttreiben im Freien. Im Frühling dann, wenn die ersten Sonnenstrahlen die nur noch karg bedeckten Häupter kitzeln, dürften selbst die Wassermänner nicht aufs Tempotraining vergessen, sonst wird das nix im Frühsommer. Der sich dann nicht zuletzt aufgrund der globalen Klimaerwärmung wieder zu regelrechter Hitze auswachsen wird, in der selbst die Löwen achtgeben müssen, keinen Stich zu erleiden. Der Herbst diene dann allen wieder dem Erreichen von Rekorden, so sie der Polarsturm nicht aus der Allee wird fegen. Beruflich und in Liebesdingen werden auch heuer wieder Ehrlichkeit und Leidenschaft belohnt werden…

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