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Die wirkliche Sportsucht ist krankhaft

25.05.2012, 12:00:00
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Die sportliche Betätigung wird über alles andere gestellt, man lässt sich allerorts Ausreden einfallen, nur um seinem "Hobby frönen" zu können. Wer sich so verhält, hat mit Sicherheit ein Problem.

Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen orientierungslos durch die Gegend rennen. Manche sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Ziel-, manchmal auch motivationslos, einfach um die Tage rumzubiegen. Andere wiederum sind getrieben, müssen Kilometer machen, Wettkämpfe, Einheiten, alles, weil, ja, warum eigentlich? Die Frage stellt sich zwangsläufig, meist nicht den Protagonisten des heutigen Artikels selber, sondern denen, die sie beobachten und nicht verstehen können, was mit den Gehetzten und Herumhetzenden los ist. Es mag durchaus sein, dass der durchschnittliche Mensch einer Industrienation relativ viel hat. Ein Dach über dem Kopf, Essen, Trinken, modernste Einrichtungen in Wohnung, Fahrzeug und Arbeit, Infrastruktur-Angebote noch und nöcher, dennoch wird gejammert. Auf verdammt hohem Niveau allerdings. Viele fallen hier ob dieses (Über-)Angebotes in Löcher, die tiefer und schwärzer nicht sein könnten. Suchen nach etwas, finden dieses Etwas oft scheinbar in körperlicher Betätigung. Die oftmals begonnen wird, weil man überschüssiges Gewicht loswerden möchte, abschalten muss von der Arbeit oder der Familie oder einfach deshalb, weil man Spaß an der Bewegung in der Natur gefunden hat.

Der Begriff „Suchen“ ist mehr oder weniger eng verwandt mit dem Begriff „Sucht“, in Bezug auf körperliche Betätigung ist dann oft von „Sportsucht“ die Rede. Aber wer ist nun „addicted to sports“, wer nicht? Ist der Radprofi, weil er jeden Tag 4-8 Stunden auf dem Rad sitzt, sportsüchtig? Oder ist das 17-jährige Mädchen von nebenan, das 7x die Woche mindestens 1 Stunde läuft, sportsüchtig? Der Bodybuilder, der jeden Tag stundenlang Gewichte stemmt? Die Grenze ziehen kann eigentlich nur der Betroffene selber. Und das auch oft nicht, vor allem, wenn wirklich bereits eine körperliche Abhängigkeit zum Sporttreiben besteht.

Gesundheitssport ist sicherlich nicht schädlich. Wer drei- bis viermal die Woche die Laufschuhe schnürt und 40-50 Min joggen geht, hernach ein wenig kräftigt und dehnt, tut – so er körperlich gesund ist – seinem Körper etwas Gutes damit. Leistungssport – also z. B. 5-7maliges, zielgerichtetes Training pro Woche – kann durchaus auch sehr gesund sein. Wenn man Freude an seinem Tun empfindet, nicht vor Ehrgeiz zerfressen ist (was nicht bedeutet, dass man nicht ein gesundes Maß an Ehrgeiz mitbringen darf), und vor allem, wenn man sich stets in seinem persönlichen „Yes“ befindet. Der vorher angesprochene Radprofi lebt von seinem Sport, teilweise sogar sehr gut. Ohne ein derartig umfangreiches und intensives Training wäre er gar kein Radprofi. Ob man bei Spitzensportlern allerdings von Sportsucht sprechen kann/muss, sei dahingestellt. Einige werden wohl im wahrsten Sinne des Wortes süchtig nach Bewegung sein, andere wiederum werden ihr Leben mit all seiner Härte und Disziplin genießen; wer hat schon in jungen Jahren die Möglichkeit, in der Weltgeschichte herumzureisen, dabei (viel) Geld zu verdienen und vielleicht gar berühmt zu werden/sein?

Die wirkliche Sportsucht ist krankhaft. Ohne tägliche Bewegung, die oft zwanghaft und ohne jegliche Freude erfolgt, will/kann man nicht sein. Oft sind sportsüchtige Menschen isoliert, ohne Arbeit, ohne soziales Umfeld, weil auf der einen Seite kaum noch jemand mit diesen Leuten zu tun haben möchte, auf der anderen Seite isolieren sich diese Menschen selbst. Die sportliche Betätigung wird über alles andere gestellt, man lässt sich allerorts Ausreden einfallen, nur um seinem „Hobby frönen“ zu können. Wer sich so verhält, hat mit Sicherheit ein Problem. Allerdings muss man auch sagen, dass die Übergänge fließend von gesundem Bewegungsverhalten hin zu zwanghaftem sind, und hier lauert die Gefahr; die Betroffenen verpassen die letzte Abzweigung in die richtige Richtung.

Christian Kleber (MAS)

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