MaxFun Sports Laufsport Magazin
Laufen bis zur Erlösung
31.12.2009, 12:00:00
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Nie aber war er zufrieden. Kein beruflicher, kein privater, kein gedanklicher Erfolg konnte ihn unbekümmert machen und nichts was er auch in den Büchern las, brachte ihn in seinem Streben nach Erkenntnis und Erlösung weiter. Es gelang ihm einfach nicht glücklich zu werden. Da verfiel er eines Tages, mehr aus Zufall als aus Überlegung auf den Gedanken, sich körperlich zu bewegen. Die einfachste Art schien ihm das Laufen. Darum erstand er ein Paar Laufschuhe und begann mit seinem Training. Bald schon zeigten sich Fortschritte und er gewann mehr und mehr Freude am Laufen, so dass er binnen kurzem nicht mehr darauf verzichten wollte. Warum wusste er selbst nicht so recht aber er fühlte sich wohl und vergaß ob dieser täglichen Übung langsam auch das Streben und die Unzufriedenheit, die er früher empfunden hatte. Dieser Zustand dauerte recht lange, doch eines Tages, während einer seiner Laufeinheiten, war es wieder da dieses Gefühl, dass etwas fehle, er nach Glück und Erlösung strebe. Da hörte er von einem großen Zen-Laufmeister, der angeblich zu wissen schien, was der Weg zur Befreiung sei. Diesen suchte er auf, um nach Rat zu fragen. Der Meister hörte das Anliegen des Verzweifelten und blickte ihn lange an. Dann riet er ihm, einen Marathon zu laufen. Binnen weniger Wochen schaffte der Mann seinen ersten Marathonlauf, das Gefühl im Ziel war schön aber von Erlösung war nichts zu spüren, im Gegenteil, er wollte noch einen solchen Lauf absolvieren und dann noch einen weiteren. Nach einigen Monaten vergeblichen Marathonlaufens suchte er abermals den Meister auf und suchte nach Rat. Wieder blickte er den Irrenden an und riet ihm dieses Mal zu einem 100 Kilometer-Lauf. Voller Vertrauen auf den Meister setzte der Suchende den Rat in die Tat um und meldete sich für den nächsten 100er, den er ebenfalls ohne allzu große Schwierigkeiten überstand, an. Danach war er zwar um einige Erkenntnisse bereichert, von Erlösung jedoch war immer noch keine Spur. Langsam begann er auch an dem Wissen des Lauf-Meisters zu zweifeln aber einmal wollte er es noch versuchen und diesen um Hilfe bitten. Dieses Mal sah der Meister den Verzweifelten länger als sonst an und schien tief in ihn hinein zu blicken. Dann nahm er einen seiner Laufschuhe hob ihn hoch und sprach: „Wer um alles in der Welt hat dir versprochen glücklich zu werden? Wer hat dich geheißen, nach Glück zu suchen, ihm nachzulaufen? Lauf weiter und vergiss deine verzweifelte Suche, die dich in die falsche Richtung führt! Lauf 10 oder 20 Kilometer, einen Marathon oder 100er, du kannst auch 1000 Kilometer in einem Stück laufen, den Moment des Erwachens (satori) kannst du weder erlaufen noch erdenken! Er wird dir geschenkt werden, wenn du soweit bist.“ Nachdenklich aber merkwürdig ruhig und mit einem Gefühl des Vertrauens und der Dankbarkeit verließ der Läufer den Zen-Meister. Er lief auch weiter nahezu jeden Tag, manchmal sogar mehr als früher, hin und wieder auch deutlich weniger und fühlte sich dabei noch viel besser als je zuvor. Und wenn der Tag gekommen sein wird, dann wird er auch in das Erwachen gelaufen sein. Dr. Günter Heidinger Link: zen-running.maxfun.at |