MaxFun Sports Laufsport Magazin
World Marathon Challenge 2018
Die World Marathon Challenge (WMC) besteht aus 7 Marathonläufen zu je 42,195km auf 7 Kontinenten in 7 Tagen (fast 300km). Die Challenge war 2015 mit 12 Teilnehmern gestartet worden und wird seither jährlich ausgetragen. Nach den ersten drei Jahren gab es weltweit 61 Finisher, aber noch keinen aus Österreich. Für 2018 wurde die Route völlig neu festgelegt mit:
Di, 30.01. Antarktis: Novolazarevskaya („Novo“), Queen-Maud-Land
Mi, 31.01. Afrika: Kapstadt, Südafrika
Do, 01.02. Australien: Perth, Western Australia
Fr, 02.02. Asien: Dubai, Vereinigte Arabische Emirate
Sa, 03.02. Europa: Lissabon, Portugal
So, 04.02. Südamerika: Cartagena, Kolumbien
Mo, 05.02. Nordamerika: Miami, Florida
Wer schon einen Marathon gelaufen ist, weiß, wie weh das tun kann. Das ganze siebenmal hintereinander, dazu kommen Faktoren wie Sommer und Winter, Tag und Nacht, verschiedenste Zeitzonen und Temperaturen.
Ich hatte zum ersten Mal im Januar 2015 von diesem verrücken Projekt erfahren, um mich dann nach langer Bedenkzeit Ende 2016 anzumelden. Ich war bis dahin 35 Marathons und 4 Ultras – alles, was länger ist als 42,2km – gelaufen und suchte nach neuen Herausforderungen. Ich hatte 2007-2009 gemeinsam mit meiner Gattin Andrea als sechster Mensch die World Marathon Majors (WMM) London, Boston, Berlin, Chicago und New York geschafft und dann als vierter Mensch 2014 die BIG SIX (WMM plus Tokyo) in einem Kalenderjahr. Meine persönliche Bestzeit liegt bei 3:36h (Chicago 2014).
Seit ich im Jahr 2000 mit 35 Jahren zu rauchen aufgehört hatte, war ich durchgehend 40-70km die Woche gelaufen. Für die Challenge verordnete mir mein Trainer Bernhard Url von der Sportpraxis nur noch ein Zusatzelement zur Verbesserung der Regeneration: Doppelschläge, d.h. zwei lange Läufe (25-30km) an zwei aufeinander folgenden Tagen. Den letzten Feinschliff holte ich mir in einem Höhentrainingslager in Kiambogo, Kenia, bei meinen Lauffreunden von Run2gether.
Von Kapstadt in die Antarktis
Die 50 Teilnehmer trafen sich in Kapstadt und flogen gemeinsam in die Antarktis. Das Wetter war gut (-5°C am Start), verschlechterte sich aber im Laufe des Rennens auf ziemlich kalte -10°C plus Wind. Wir liefen sieben Runden rund um das dortige Flugfeld auf kräfteraubendem Schnee- und Eisuntergrund. 5:20h/21. Platz - geschafft! Das war der eine Marathon, für den man trainieren konnte, der Rest war Neuland für Körper und Geist. Das anschließende Kantinenessen in der russischen Forschungsstation war leider schlecht und völlig ungeeignet zum Auffüllen der fehlenden Kohlehydrate.
Nur 14 Stunden später waren wir in Kapstadt am Start. Wir liefen ausgerechnet zur Mittagszeit im schattenlosen afrikanischen Höchstsommer bei 27°C. Die Strecke war sehr schön mit vier Schleifen am Meer zwischen der Victoria&Alfred Mall und dem Fußballstadion am Fuß des Signal Hill. Ohne isotonische Getränke an den Verpflegungsstationen war auch dieser Lauf sehr mühsam und mit 5:23h/20. Platz sogar noch etwas langsamer als in der Antarktis.
Nach dem Aufstechen aller Blasen bestiegen wir jetzt unseren VIP-Charterflieger für den Rest der Woche. Wir konnten essen, trinken und vor allem schlafen wann und wie viel wir wollten. Wir hatten tatsächlich komplett waagrechte Betten mit ausreichend Platz. Der Flug nach Australien war eine Erholung und nach mehr als 20 Stunden Regeneration starteten wir gegen 22h einen Nachtlauf am idyllischen Swan River in Perth. Erstmals kam ich bei angenehmen 23°C so ins Laufen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nach 4:37h/14. Platz gegen 02:30h in der Früh war auch Nummer drei geschafft.
Nach zwei schon morgendlichen Reparatur-Seideln ging es völlig ohne Hotelschlaf schon wieder zum Flughafen, diesmal Richtung Emirate. Der nächste Nachtlauf in Dubai, mit nur 18°C überraschend kühl. Hier in der Mitte der Challenge wollte ich dann doch testen, ob ich nicht noch etwas Kraft übrig hatte. Den Halbmarathon konnte ich in guten 1:58h als Sechster der 50 Läufer absolvieren. Der Rest war dann natürlich mühsam, aber wir hatten ja überall ausreichend Zeit (4:52h/17. Platz).
Marathon in Lissabon
Der nächste Stopp war Lissabon für den europäischen Teil. Ziemlich kalt bei 5°C, dazu regnerisch und rutschig auf Katzenkopfpflaster und Holzplanken. Nach sieben Runden durch das wenig idyllische Hafenviertel war auch das erledigt (5:13h/16. Platz). Das spannendste in Europa war die Fahrt zum Flughafen. Ich hatte den Wecker verpennt und das Flugzeug per Taxi dann doch noch erreicht.
Jetzt kam die gefürchtetste Etappe, Cartagena in Nord-Kolumbien mit winterlichen(!) Höchsttemperaturen von 36-37°C. Wir hatten wie immer ein paar Stunden Zeitverzögerung und starteten erst am späten Nachmittag bei dann schon erträglicheren 30-32°C. Das noch größere Problem war allerdings die lokale Organisation des Rennens. Keine Absperrungen, keine Hinweisschilder, viel zu wenige menschliche Wegweiser. Es kam, wie es kommen musste, alle verliefen sich auf der ersten langen Runde (18km) und kehrten auf unterschiedlichen Strecken zum Startpunkt zurück. Die dann folgenden kürzeren Runden durch die Stadt waren alle falsch vermessen und wurden praktisch permanent verändert mit dem Ergebnis, dass irgendwann keiner mehr wusste, wer wie viel gelaufen war. Die Rennleitung gab dann in ihrer Verzweiflung die folgende Order aus: Dort ist das Ziel! Lauft irgendwo, irgendwie, aber stellt sicher, dass Eure GPS-Uhren 42,5km anzeigen, wenn Ihr dort seid! Da ich mich beim ständigen Wechsel zwischen Fahrbahn und Gehsteig leider am linken Fuß verletzt hatte – Entzündung des Fußhebers am unteren Schienbein – war das eine sehr lange Nachtwanderung, laufen ging irgendwann überhaupt nicht mehr (6:09h/27. Platz).
Zum Schluss Miami
Am nächsten Tag waren wir zum Abschluss in South Beach, Miami, erstmals mit Zuschauern auf einer schönen Strecke bei angenehmen 25°C. Diesmal wieder mit nur 14 Stunden Regeration, was meinem verletzten Fuß natürlich nicht gut tat. Nach nur 14km war erneut Schluss mit Laufen. Gehen ging noch, das Erreichen des Ziels war garantiert. Aber einfach nur zusehen, wie alle anderen vorbei ziehen, war doch frustrierend. Deshalb organisierte ich mir ein paar Schmerzmittel und wartete darauf, dass die Wirkung endlich einsetzte. Ich ging und ging, wartete und wartete. Erst nach über einer Stunde bat ich in meiner Verzweiflung eine Zuseherin um ein Bier. Zehn Minuten später war der Schmerz endgültig weg, und ich konnte die letzten 20 Kilometer ins Ziel durchlaufen (5:18h).
In der Gesamtwertung belegte ich so mit einem Durchschnitt von 5:16h den respektablen 19. (Herren-)Gesamtrang von 36. Die Erfolgsquote lag mit nur einem Ausfall bei sagenhaften 98%. Gesamtsieger: Gary THORNTON (IRL) mit 3:12h und Becca PIZZI (USA) in 4:04h.
Berichte, Ergebnisse, Fotos und Videos gibt es unter www.worldmarathonchallenge.com und in meinem persönlichen Blog auf Facebook.
(Thomas Taut)
Foto: Privat/Thomas Taut