MaxFun Sports Laufsport Magazin
Prag Marathon - All runners are beautiful
In der Lobby eines berühmten Hotels im Zentrum von Prag treffen wir Carlo Capalbo, den Präsidenten des Organisationskomitees von RunCzech und Chef der IAAF Road Running Commission, sowie Vaclav Skrivanek, Renndirektor von RunCzech. Es sind nur mehr 14 Stunden bis zum Start des großen Volkswagen Prag Marathons. Beide wirken entsprechend konzentriert, aber zuversichtlich.
MF: Was bedeutet der Weltrekord im Halbmarathon bei den Damen im April in Prag für Sie und für das Rennen morgen?
Carlo Capalbo: Der Rekord muss noch offiziell bestätigt werden, aber jedenfalls ist so etwas die Belohnung für lange Arbeit. Es bedeutet auch, dass die Strecke schnell ist und das Rennen so noch populärer werden kann. Für uns ist es der Gipfel unserer Bemühungen.
MF: Carlo Capalbo arbeitet bereits seit 23 Jahren für den Prag Marathon, wie lange ist es bei Ihnen, Vaclav?
Vaclav Skrivanek: Auch schon seit 18 Jahren. Ich begann als freiwilliger Helfer. Ich war selbst aktiver Sportler und es war eine interessante Erfahrung, hier arbeiten zu können. Nach meinem Studium begann ich Vollzeit bei RunCzech zu arbeiten.
MF: Was erwarten Sie für morgen?
Vaclav Skrivanek: Wir bemühen uns, die Teilnehmer glücklich zu machen, ihnen all das an Service zu geben, das sie brauchen. Es ist für uns ein „Dankeschön“, wenn die Elite-Läufer schnell sind, aber für uns ist auch der Letzte, der ins Ziel läuft, ein Gewinner. Wie wir immer sagen: „All runners are beautiful“.
Carlo Capalbo: Die Zahl der Teilnehmer können wir wegen der beschränkten Kapazität der Prager Altstadt nicht weiter steigern, aber die Qualität, die wollen wir immer weiter steigern.
MF: Sie haben es schon erwähnt: Die Zahl der Startplätze ist auf 10.600 limitiert. Wie viele würden denn gerne hier in Prag starten?
Carlo Capalbo: Laut den Anfragen ungefähr 30 bis 40% mehr. Wir gehen davon aus, dass wir die Zahl an Startplätzen verdoppeln könnten, wenn wir die Strecke aus dem Stadtzentrum verlegen. Aber keine Angst: Das werden wir natürlich nicht tun!
MF: Was hat der Prag Marathon denn für unsere österreichischen Läufer zu bieten?
Vaclav Skrivanek: Das kann man generell für alle RunCzech Bewerbe sagen: Wir sind Nachbarn und sind sehr nahe. Wir haben alle unsere Informationen auf Deutsch ins Netz gestellt inklusive der Anmeldung, wo wir mit Maxfun Sports kooperieren. Es ist also einfach, hierher zu kommen und es ist bestimmt ein Genuss, bei unseren Rennen dabei zu sein.
Carlo Capalbo: Und es ist auch in jeder Beziehung leistbar. Die meisten Österreicher haben nicht viel mehr als zwei Stunden Autofahrzeit, um zu einem unserer Events zu kommen. Unser Service ist im Vergleich sehr günstig. Wir hoffen, dass die Kommunikation zwischen Österreich und Tschechien intensiver wird in der Zukunft und dass mehr Österreicher sich selbst ansehen, was wir hier bei unseren Veranstaltungen anzubieten haben.
MF: Wie viele Nationen und wie viele internationale Marathon-Veranstalter sind denn an diesem Wochenende hier?
Vaclav Skrivanek: Wir haben Teilnehmer aus 88 Nationen am Start...
Carlo Capalbo: ...und 16 Organisatoren haben einen Stand auf der Lauf-Expo. Dazu kommen Marathon-Veranstalter aus Japan, Kanada, den USA, in Summe werden es also ca. 30 sein aus aller Welt.
MF: Ist es eigentlich sehr schwierig, einen Marathon in einer Altstadt durchzuführen? Oder ist es umgekehrt sogar einfacher als zum Beispiel in Berlin, wo es so viel freie Räume gibt und große Distanzen?
Vaclav Skrivanek: Naja, wir haben den Kurs im Laufe der Jahre ein bisschen angepasst und auch die Positionen verändert, etwa was den Zielbereich angeht. Es ist sehr schön hier im Stadtzentrum, aber es ist halt auch sehr belebt und neuerdings muss man daher viele Sicherheitsmaßnahmen ergreifen.
MF: In 23 Jahren Organisation sind sicher einige lustige Geschichten zusammengekommen oder?
Carlo Capalbo: Ja, es hat schon lustig begonnen, als mein Freund Gelindo Bordin, Goldmedaillengewinner von Seoul, mich in Prag besuchte und sagte: ‚Du solltest hier einen Marathon organisieren!’ und das nach dem zweiten tschechischen Bier. Wir bestellten ein drittes und er fuhr fort: „Du brauchst den nötigen Platz und Tradition. Warte, ich ruf gleich Zatopek an!“ Und dann begann er auf einer Papierserviette einen Marathonkurs durch Prag zu zeichnen. So haben wir hier begonnen.
MF: Was halten Sie von der gestrigen PR-Aktion mit dem Versuch, die Zwei-Stunden-Marke auf der Marathondistanz in Monza zu brechen? Ist das positiv oder negativ für Ihren Sport?
Carlo Capalbo: Aus sportwissenschaftlicher Sicht könnte das sehr interessant sein. Aber vor allem: Gratulation an Nike für die Idee!
Vaclav Skrivanek: Ich denke, sie zeigen damit, was für einen regulären Marathon möglich werden wird. Vielleicht in fünf Jahren, vielleicht erst in zehn oder fünfzehn, aber es scheint im Bereich des Möglichen.
MF: Und wo ist das Limit für Ihre Strecke in Prag? Bei 2:05? Oder auch darunter?
Carlo Capalbo: Wir haben ein Handicap: Die Schönheit der Stadt. Du schaust herum und verlierst daher ein paar Sekunden.
Vaclav Skrivanek (lacht): Ja, aber trotzdem haben wir weltweit den schnellsten Marathon im Mai vorzuweisen.
MF: Was hat es mit dem digitalen Marathon auf sich, den Sie heuer das erste Mal durchführen: Wie funktioniert das und warum haben Sie damit begonnen?
Carlo Capalbo: Erstens: Es ist ein bisschen langweilig auf einem Laufband oder nicht? Mit dem digitalen Marathon kann man bei uns mitlaufen und wir geben damit viel mehr Menschen die Gelegenheit, sich bei unseren Rennen zu beteiligen. Zweitens: Es ist ein phantastisches Tool in Sachen Tourismus. Und drittens: Wir lieben Innovation seit jeher. Wir haben 2003 mit einem Österreicher den ersten Live-Stream bei einer Laufveranstaltung gemacht und jetzt haben wir wieder Großes vor. An die 50.000 Leute haben unsere App schon heruntergeladen. Man kann sich verschiedene Distanzen aussuchen, was perfekt für Staffeln passt, zum Beispiel in großen Firmen.
Vaclav Skrivanek: Es gibt den Leuten die Möglichkeit, überall zu laufen und doch bei uns dabei zu sein. Wir starten am Sonntag um 9 Uhr und man kann in New York, Peking oder Wien laufen und trotzdem den Prag Marathon absolvieren. Wenn man sich für den Marathon vorbereiten will, kann man in Zukunft auf dem Originalkurs trainieren oder den vergangenen eigenen Lauf analysieren und versuchen, sich zu verbessern.
Wir wissen es sehr zu schätzen, dass Sie sich beide als Organisatoren am Tag vor dem großen Marathon Zeit genommen haben. Vielen Dank für das Interview!
Interview: Wolfgang Kühnelt - der Hobbyläufer und Blogger betreibt in Graz die Agentur Pretty Commercial. Er lief 2017 in Prag seinen zweiten Marathon in 3:57:37
Foto: RunCzech