Man sollte sich Schritt für Schritt an solch lange Einheiten herantasten.
Viele, die sich in ihrem eigenen sportlichen Herbst befinden, merken, dass sie nicht mehr so spritzig sind, so frisch. War man einst doch recht flott gewesen über die kürzeren Langdistanzen wie etwa 5 oder 10 km, hatte man sich irgendwann Richtung Halbmarathon oder gar Marathon bewegt. Dort konnte man seine davor erworbene Schnelligkeit gut umsetzen, irgendwann hatte man aber auch hier seinen Zenit erreicht, überschritten, und da stand man nun. Die schnelleren Trainingseinheiten konnte man eigentlich kaum noch so bezeichnen, über ein solches Tempo hatte man früher müde gelächelt, auch die Laufkoordinationsübungen fielen zusehends schwerer. Zudem hatte man doch einige Jahre aufs Dehnen verzichtet, weil man irgendwann einmal irgendwo aufgeschnappt hatte, dass die schwarzen Wunderläufer teilweise auch überhaupt nie dehnten. Und was die so machten oder eben nicht, konnte ja so falsch nicht sein.
Wie gesagt, da stand man nun. Aufgeben wollte man aber auch nicht. Immerhin liebte man seinen Sport, die lockeren wie die härteren Einheiten, das durch die Natur Traben zu jeder Jahreszeit und auch das Fertigsein nach einem Wettkampf. Man hatte sich schon des öfteren mit Ultraläufen beschäftigt bzw. sich wenigstens dafür interessiert. Für zuwahnsinnig hatte man diese Läufer bisher gehalten, ein paar Mal hatte man am Rande zugesehen; und den Eindruck gewonnen, dass es sich dabei teilweise um gar keine richtigen Läufer gehandelt hatte. Gut, die Ersten machten stets mächtig Tempo, einmal war man sogar dabei gewesen, als der Sieger über 100km unter einem 4er-Schnitt ins Ziel geknallt war. Der war sehr dünn gewesen, verdammt austrainiert, aber der „100-km-Normalverbraucher“ war nicht eben drahtig – lief aber dennoch um die 5 Min/km, was einer unvorstellbaren Endzeit von ca. 8h20Min entsprach/-spricht. Seit damals wusste man aber auch, wie unfassbar langsam dem Zuschauer ein 4er-, geschweige denn ein 5er-Schnitt vorkam. Selbst ein 3-Min-Tempo sah/sieht teilweise wie Spazierengehen aus (vielleicht gibt es deshalb so wenige Zuseher bei Wettläufen, die nicht gerade „City-Marathon“ oder wenigstens so ähnlich heißen…).
Ultralauf ist also der letzte Ausweg?! Doch wie beginnt man mit dem Training für einen 100er? Zunächst gilt – wie auf allen anderen Distanzen – das Prinzip der zunehmenden Spezifizierung. Je weiter der geplante Hauptwettkampf entfernt ist, desto unspezifischer darf trainiert werden. Wer also seinen ersten 100er erst in einem Jahr „angehen“ möchte, kann jetzt getrost Skitouren gehen, wandern oder tanzen. Je näher der 100er, desto mehr muss mit langen und sehr langen Läufen der Fettstoffwechsel trainiert werden. Und der passive Bewegungsapparat. Last but not least die Psyche. Lange Läufe sind bei solchen Wettkampfdistanzen natürlich länger als bei herkömmlichen Marathons. 50er- oder 60er dürfen es im Training schon sein, die müssen aber bewusst sehr langsam getrabt werden. Dass man dafür ziemlich viel Zeit benötigt, dürfte klar sein. Dass man sich nur Schritt für Schritt an solch lange Einheiten herantasten sollte, hoffentlich auch. Denn Gelenke, Bänder und Sehnen passen sich sehr viel langsamer an als etwa Muskulatur oder Herz-Kreislauf-System. Und wenn beim passiven Bewegungsapparat mal etwas kaputt ist, hat man meist einen langwierigen und schmerzvollen Regenerationsweg vor sich; einen Weg, auf dem – zumindest spezifisch – nicht trainiert werden kann.
Folgende Faustregel gilt; nicht mehr als 5 Min länger als der längste Lauf, den man in den letzten 4 Wochen absolviert hat. Langsam und intelligent den Umfang steigern. Übrigens sind weder Krafttraining, Lauf-ABC-Übungen oder Stretching fehl am Platz. Auch nicht beim Training für Ultraläufe.
Christian Kleber (MAS)
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