MaxFun Sports Laufsport Magazin
Wenn die Haare weiß werden
31.05.2013, 12:00:00
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Als ich vor 19 Jahren mit dem Marathon begonnen habe, hatte ich ja keine Ahnung, worauf ich mich da einlassen sollte, selbst das Beenden des VCM 1995 war für mich undenkbar, ich wollte schlicht meine persönlichen Grenzen erleben. Mehr oder weniger aus Leichtsinn startete ich im Folgejahr erneut, ich kann mich noch an die Hagelschauer erinnern, die uns in Hütteldorf begrüßten Lang ist das alles her, vieles ist seit damals geblieben, manches hat sich verändert. Geblieben ist ohne Frage die Naivität meines persönlichen Zuganges. Ich renn einfach gern durch die Gegend, habe eine lustige Zeit und Spaß an der Freud. Aufgeben.. das ist fraglos immer wieder eine Variante, nur bitte schön nicht gerade in diesem einen Augenblick. Morgen lass uns drüber reden, ich bin keiner, der für sich die Kapitulation gänzlich ausschließt, nur heute, jetzt will ich es einfach nicht akzeptieren, dass ich nicht mehr kann. Diese Einstellung hat mich in den Jahren über viele Kilometer im Schlepptau des Hammermannes gerettet. Ich habe meinen Schweinehund Gassi geführt und dann manchmal auf der Strecke ohne Schweinehundhalsband verloren, aber ich durfte auch jene Läufe erleben, die mir die Tränen in die Augen trieben. Einmal bei einem Bestzeitmarathon, meist aber als ich schlicht auf meine Tempovorgaben vergaß und einen kleinen Tick zu schnell lief, einfach nur diese wenigen Sekunden, die den Unterschied machen, zwischen Vernunft und reiner Freude. Auch diese Läufe durfte ich erleben, auf der Insel, in der Wüste, im Tiefschnee. Ihr wisst sicher, wovon ich schreibe. Verändert hat sich mein Anspruch an die Lauferei. Gab es früher Abenteuer zu bestehen, unbekannte Distanzen zu erforschen und dorthin vorzustoßen, wo nie ein Mensch... (nein, übertreiben will ich es auch wiederum nicht ), so kam später die Zeit, als mir der Marathon, das fast tägliche Training Halt und Stütze im Alltag wurde. Was eigentlich Hobby war, bestimmte meinen Tag, meine Wochen, meine Jahre. Ich klügelte Pläne aus, erdachte Strategien, wie ich bei Labestellen einem scheinbar böswilligen Schicksal die eine oder andere Sekunde abluchsen konnte. Gebracht hat´s absolut nichts, außer Stress unterm Laufen. Und der Erkenntnis, die ich daraus gewonnen habe. Seit ich den Marathon als das nehme, was er für 99 % jener, die sich vor der Startlinie einer Veranstaltung schlicht und ergreifend ist, lächle ich. Es ist eine Freude, ein Hobby, vor allem aber unternehme ich das Abenteuer freiwillig. Keine strikten Ernährungspläne tagelang vor dem Tag X, keine generalstabsmäßigen Strategien, die dann ohnehin durch Wind, Sonne, Regen, Rennverlauf oder was auch immer über den Haufen geworfen werden. In dieser Gelassenheit kann ich beobachten und mich auf die jeweilige Situation einstellen. Ohne Druck findet sich jede Gelegenheit viel schneller, gelassen reagieren Körper und Geist schneller auf Veränderungen der Situation. Auch Ultraläufe eignen sich vorzüglich als Lehrer einer Lebensschule. Sticht das Knie nach 20 Kilometern? Egal, auf den nächsten 80 kanns ja noch besser werden! Der Anstieg da vorne scheint unüberwindlich? Im Vergleich zu dem, was du in wenigen Stunden geschafft haben wirst, ist er auch nur ein Mosaikstein von vielen! Ein jeder Moment, sei er auch noch so zäh ist eine vorübergehende Angelegenheit. Bleib dran, dann vergeht der Augenblick genau so, wie zumeist auch seine Unüberwindlichkeit. Akzeptiere die Situation aber nimm sie nicht zu ernst. Schnaufe durch, in der Regel ist die Lage danach schon weit besser. Im Lauf wie im Leben. Ulrich Wanderer, Jurist, Mediator, Marathonläufer |
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