MaxFun Sports Laufsport Magazin

Reduktion auf dich selbst

13.03.2012, 12:00:00
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Wie das geht? Relativ einfach, allerdings musst du dich schon anstrengen dabei, ziemlich sogar.

Du kennst das, irgendwie hat sich alles gegen dich verschworen, Freunde, Chef, und jetzt auch noch dein Partner. Sogar die Katzen haben seit gestern eine leichte Abneigung dir gegenüber. Was nun, untätig sein und warten oder raus in die frische Luft und ein lockeres Dauerläufchen absolvieren? Zweiteres macht sicher Sinn, immerhin hat ruhiges Grundlagentraining im aeroben Bereich schon oft geholfen. Andererseits hattest du da auch Zeit zum Nachdenken, verdammt viel Zeit sogar, die körperliche Belastung hielt sich ja in angenehmen Grenzen, und was anfangs gut war, entwickelte sich manchmal zu einer richtigen Negativ-Spirale in deinem Kopf, und da hast du oft gedacht, es wäre gescheiter gewesen, dass du in der Sonne sitzen geblieben wärst. Denn der Rückweg blieb dir auch damals nicht erspart, er wurde zu einem schrecklichen Martyrium, obwohl du eigentlich nur langsam gelaufen warst. Und langsames Laufen war doch noch nie ein Problem, oder?

Hier die andere Variante. Reduzier dich auf dich selbst, nur auf dich, auf dein Sein, was auch immer das ist, auf dein Ich. Wie das geht? Relativ einfach, allerdings musst du dich schon anstrengen dabei, ziemlich sogar. Und zwar wirst du Intervalle laufen, verdammt harte. Klarerweise läufst du dich eine Zeitlang ein, versuchst aber schon dabei, die negativen Gedanken wegzulassen, egal, ob dir das gelingt oder nicht. Denk einfach an die nachfolgende Belastung, wie sehr diese schmerzen wird, wie du in den schnellen Laufrhythmus finden wirst, und schon ist kein Platz mehr für Negatives.

Angenommen, du hast 8x1000m vor, und das Aufwärmen ist dir so gelungen wie beschrieben. Der Stress mit der Arbeit und dem Rest deines Lebens ist ausgeklammert und soll auch nicht wieder her. Mach ein paar Steigerungsläufe, in denen du hochkonzentriert arbeitest. Jeder Schritt soll millimetergenau passen, Kniehub und Anfersen sind perfekt aufeinander abgestimmt, du denkst nur daran und an sonst nichts. Dann gehst du für zwei Minuten, in denen du fokussiert an die ersten, aber auch an die letzten Intervall-Kilometer denkst, und wieder ist da keine Spur von miesem Karma.

Den ersten Tausender rennst du los, als gäbs kein Morgen, aber nur für eine Minute. In dieser bleibt dir schon gar keine Zeit, um an den missglückten Tag zu denken. Dann wirst du langsamer, findest deinen gewohnten Tausender-Rhythmus, und dennoch werden deine Atem- und Herzfrequenz zu hoch bleiben, die erste Minute wohnt deinem Körper weiterhin inne. Nach dem ersten Intervall, das zu deiner Zufriedenheit fünf Sekunden schneller ausgefallen ist, machst du maximal neunzig Sekunden Pause, dann beginnst du erneut, diesmal aber gleich im gewohnten Rhythmus.

Spätestens nach Nummer vier werden deine Beine schmerzen wie Sau, deine Lungen brennen, aber egal, deswegen machst du das Ganze ja. Bei Nummer fünf gibt es nur noch dich und die Umwelt, die vorbeisaust, bei Nummer sechs saust die Umwelt nur noch bis zur Hälfte vorbei, und ab dann gibt es nur noch dich. Dich und dich und dich. Und du endest dort, wo die Luft aus deinem Munde rausgepumpt wird bis zum Geht-nicht-mehr. Reduziert. Du bist nur noch auf dich reduziert, deine einzige Sorge gilt dem Absolvieren des nächsten Schrittes. Reduziert und voll konzentriert. Keine Probleme mehr, kein Alltag, kein Chef, kein Partner, keine Freunde, keine Katzen. Nur du. Die Glückshormonausschüttung hernach wird so enorm sein, dass ALLES hernach klein wirken wird. Klein und unbedeutend. DU hast es geschafft. Und damit wirst du auch alles andere wieder schaffen.

Christian Kleber (MAS)

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