MaxFun Sports Laufsport Magazin
Schwere Zeiten
19.07.2010, 12:00:00
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Karl-Heinz Laube/PIXELIO |
Während die alten Klassen verschwinden, bauen sich neue Abhängigkeiten auf, Irrationalitäten wie dubiose Sekten oder neue Religiosität schleichen sich langsam aber stetig in das rationale Denken der westlichen Welt ein und sorgen dafür, dass wir in einer Zeit der so genannten „Postmoderne“ leben. Der hohe Stellenwert von Vernunft hat in der aufgeklärten Realität sein Ende erreicht. Heutzutage ist auf der einen Seite alles erlaubt oder zumindest diskutierbar, gleich ob 20.000 Menschen einen Marathon laufen oder Tausende Triathleten sich Jahr für Jahr um eine Hawaiiqualifikation raufen, kaum jemand fragt nach der Zweckrationalität, vielmehr richtet sich alles zu Gunsten der Wertrationalität. Diese Wertrationalität führt auf der anderen Seite allerdings wiederum dazu, dass nicht alles technisch ermöglicht werden darf. Der letzte Schritt in diese Richtung liegt in der Diskussion um Möglichkeiten und Grenzen der Gentechnologie. Zweckrational betrachtet könnten wir ja z.B. dopen und noch schneller, besser und stärker laufen. Wertrational hingegen sieht die Sache aber ganz anders aus. Wissenschaftliche Gesellschaften wie unsere verlangen nach Selbstkontrolle und brauchen neue moralische Instanzen. Das Problem ist aber, dass wir derart viele Wertsysteme tolerieren müssen, was uns in die Sackgasse der extremen Ambivalenz führt. Ambivalenz bedeutet, dass etwas niemals eindeutig zu entscheiden ist, immer mehreren Kategorien zugeordnet werden kann. Wer aber vor der Tatsache steht, dass nichts eindeutig entschieden werden kann, im Grunde aber nahezu alles möglich ist, man innerhalb kurzer Zeit an jedem Ort der Welt sein kann, gleich ob virtuell oder real, der hat es schwer sich zu entscheiden. Wer sich im Internet verirren kann und vergisst auf welcher Seite er gerade gewesen ist, was er dort getan hat und darüber hinaus sein Gefühl für Zeit verliert, hat sich bald selbst verloren, bzw. wird sich nie mehr finden. Wir alle müssten also lernen mit diesen Ambivalenzen zu leben, man kann sie ohnehin nicht mehr lösen, sondern nur mehr lernen, damit zu leben. Dazu ist es wichtig, das Beste aus den eigenen unendlichen Möglichkeiten zu machen, Kontingenz ist demnach also Geschick und nicht Schicksal. Ein Schicksal hat man erlitten, ohne versucht zu haben, es selbst zu gestalten. Die Sichtweise von Kontingenz als Geschick ist daher die einzige Möglichkeit, in den Gang der Dinge einzugreifen. Es nutzt daher nichts, wenn wir täglich darauf warten, was da kommen mag, das Leben für uns bereit hält. Wir müssen an das Leben unsere Entscheidungen herantragen und durchsetzen. Wenn wir uns für etwas entschieden haben, dann sollten wir nicht am nächsten Tag oder in den nächsten Minuten wieder etwas anderes wollen. Wenn wir uns z.B. für einen Marathon angemeldet haben, dann reicht das nicht aus, sondern wir müssen darüber hinaus auch noch regelmäßig trainieren, unseren Alltag ein wenig danach ausrichten und – was das Wichtigste ist- uns auch an die Startlinie stellen und loslaufen. Entscheidungen sind gefragt! Dr. Günter Heidinger Link: www.MaxFun.cc |