MaxFun Sports Laufsport Magazin
Quentin Tarantinos Philosophie
16.02.2010, 12:00:00
Foto:
Wolfgang Pfensig/PIXELIO |
Erstens aber zeigen viele seiner Filme, insbesondere die beiden Teile von Kill Bill, Actionszenen, die körperliche Bewegung mehr als in den Mittelpunkt stellen und zweitens findet sich in seinen Werken eine Vielfalt an philosophischen Hintergründen. Oberflächliche Betrachter, die vorschnell urteilen, sehen in Tarantinos Filmen in erster Linie die häufig präsente Gewalt, wer allerdings genauer hinsieht, wird ganz anderes entdecken. In Tarantinos berühmtestem Film „Pulp Fiction“ z.B. scheint die Gewalt grenzenlos zu sein. Verrat mündet in Mord und Mord in Verrat. Am Ende geht der Film in seinen Anfang über, und alle Gewalt beginnt wieder von vorn. Das ungewöhnliche an dieser Gewalt ist jedoch, dass sie stets auf geheimnisvolle Weise mit dem Dialogischen des Films verknüpft ist. Der Gebrauch einer Waffe folgt aus dem Versagen des Sprachlichen, zerreißt das Gewebe der Kommunikation und dann wird losgeballert. Es scheint so, als sei für Tarantino die Sprache der Punkt, an dem es ernst wird. Worte sind offenbar nicht nur Worte, sondern Tatsachen, die in der Realität wiederum neue Tatsachen erschaffen. In Tarantinos Dialogen sind Wörter oft scharf wie Messer. Die Gewalt kommt erst dann ins Spiel, wenn die Unterscheidung zwischen der Welt, in der sie leben und der Sprache, in der sie darüber sprechen nicht mehr stimmt. Notwendigerweise ist für Tarantino Gewalt kein Naturereignis. Allerdings bedarf es eines Wunders, um der Gewalt zu entkommen, denn die Logik des Gesprächs ist nicht vernünftig. Er zweifelt offensichtlich, dass es möglich ist, mit Sprache die Wahrheit oder Realität auszudrücken. Deshalb scheinen seine Dialoge auch oft gehaltlos. Und hier trifft sich Tarantinos Denken mit dem des Zen bzw. Zen-Runnings, denn auch im Zen hat man kein Vertrauen in die Aussagekraft der Sprache. Wer Zen-Koans liest, findet kaum einen vernünftigen Zugang und das ist auch beabsichtigt so, denn nicht die Sprache, sondern das Tun ist es, das zur Erkenntnis führen kann. Man sollte sich also von Tarantinos Gewaltphantasmen nicht übertölpeln lassen. Es hat keinen Grund mehr, nach Gründen zu fragen, weil die Geltungsansprüche sich aufgehoben haben. Das wird im Übrigen besonders in den Liebesszenen deutlich: Die Liebenden verstehen sich blind. Fabienne in „Pulp Fiction“ verwendet fast alle Wörter unrichtig, aber Butch versteht sie richtig, einzig aus Liebe. Ein Wort lässt das andere neu entstehen und neue Bedeutungen entspringen ungeniert aus dem Gebrauch der Wörter. Das Lärmen der Sprache verstummt, jeder Streit ist zu Ende. Fabienne hat gern Blaubeerpfannkuchen aber nur weil sie das Wort zum Fressen gern hat. Während Butch seine Spielzüge so anlegt, dass das Liebeswortspiel nicht endet, sondern sich fortsetzt und zwar so, als würde der Gehalt der Sprache durch die Sprechenden nur noch enthüllt. Jeder kennt die Spielzüge des anderen, weil es ja auch die eigenen sein könnten. Und da es sich ja hier um einen Sportlichen Beitrag handelt, ein kleiner Versuch, das Ganze zu verbinden: Fragen auch wir nicht nach Gründen oder reden wir nicht all zu viel darüber, sondern laufen wir! Der Rest ergibt sich dann vielleicht von selbst. Dr. Günter Heidinger |