MaxFun Sports Laufsport Magazin

Ich bewege mich, also bin ich!

01.10.2010, 12:00:00
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Ich bewege mich, also bin ich!

Ungefähr 400 Jahre sind seit Rene´ Descartes´ folgenschwerem Gedankenschluss vergangen, der schließlich zu einem Umdenken der westlichen Philosophen geführt hatte. Descartes´ konsequente Suche nach einer sicheren Grundlage, auf der sich alle weitere Erkenntnis aufbauen sollte, war nämlich völlig anders, als die der allermeisten anderen bisher in der Philosophie geübten Denkweisen, warum sich auch vieles zu ändern begann.

Seit Descartes hat sich freilich wieder einiges verändert, die Suche nach der echten Erkenntnis, der Wahrheit oder dem Sinn allerdings beschäftigt die Menschen nach wie vor, auch wenn sich dies heute in mannigfachen Varianten äußert. Und eben weil Descartes seine Antwort in den Möglichkeiten des Zweifelns gefunden hatte und für ihn der zweifelnde Verstand die einzige Methode war, seiner eigenen Existenz sicher zu sein, enden seine Überlegungen auch mit dem berühmt gewordenen Ausspruch: „Cogito ergo sum“. Für ihn war das Denken oder besser der Zweifel immer noch am verlässlichsten.

Wir sind im dritten Jahrtausend angelangt und der Zweifel hat angesichts der Vielfalt der Welt so viele Bereiche abzudecken, dass kaum mehr Zeit für das Nachdenken über sich selbst bleibt. Die tägliche Flut an Informationen und Eindrücken hat sich vervielfacht. Möchte man in dieser heutigen Welt überleben, kann es für die meisten Menschen durchaus besser sein, nicht zu denken oder zu zweifeln, sondern das zu tun, was gerade ansteht. Wer jedoch nicht anders kann und trotzdem nach der Wahrheit oder dem Sinn sucht, der muss aufpassen, nicht völlig den Halt zu verlieren. Diejenigen, die sich lieber auf andere verlassen und ihnen unreflektiert folgen, finden dazu Gelegenheit genug. Gerade in der uns umgebenden pluralistischen Welt mangelt es nicht an Angeboten zur Neuorientierung. Die damit zusammenhängende zunehmend um sich greifende Wiederkehr der Transzendenz zeigt sich nicht nur in säkularen und politischen Fusionen, sondern auch in den beengenden Erlöserbewegungen sowie in Psycho- Logo- oder Gruppentherapien. Allen gemeinsam sind die ominöse Suche nach Sinn und ein Streben nach Selbsttranszendierung.  

Innerhalb dieser vielen Systeme fällt aber noch etwas auf: Immer mehr Menschen suchen und finden Gefallen an der körperlichen Bewegung. Zehntausende laufen bei Marathonveranstaltungen durch die großen Städte dieser Welt, besuchen regelmäßig Fitnessstudios oder bewegen sich sonstwie und finden Gefallen daran. Hier hat sich also offensichtlich ein ganz neues Reservoir geöffnet. Es geht also bei dieser Bewegung nicht nur um mehr Gesundheit oder leistungsfähigere Körper, sondern darüber hinaus auch darum, sich der Sicherheit seiner eigenen Existenz bewusst zu werden, eventuelle Zweifel auszuhalten und wenigstens einen kleinen Schritt auf dem Weg zur Sinnfindung weiter zu kommen.

Geplagt vom Cartesianischen Zweifel und im Nichtwissen, was eigentlich der Sinn dieses ganzen täglichen Bemühens sein soll, fühlt man sich immer öfter, als wäre man in einen tiefen Strudel geraten und würde herumgewirbelt, dass man weder Fuß fassen, aber auch nicht zur Oberfläche empor schwimmen kann. Kein Jammern oder Fluchen hilft, niemand versteht, was eigentlich genau das Problem ist, von dem man gepeinigt wird. Wer sich in einer solchen Situation befindet, der sollte einmal versuchen, den Zweifel an allem zu vergessen und die Laufschuhe anziehen und einfach loslaufen.

Möglicherweise kommt einem auch dieses Tun relativ nutzlos und töricht vor, doch Schritt um Schritt gewinnt die Monotonie der Bewegung ober Hand. Langsam löst sich so manch betrüblicher Gedanke, Körper und Geist vereinen sich zunehmend, werden zu einer Einheit. Die Bewegung nimmt mehr und mehr vom Geist Besitz, vertreibt die quälenden Grübeleien, lässt keinen Raum mehr für den Zweifel oder die Sinnfrage. Man läuft weiter, gewinnt zunehmend Freude an diesem Empfinden, beginnt zu ahnen, wo man zu suchen hat. Diese Ahnung lässt sich nicht in Worte fassen, was aber auch überhaupt nicht mehr nötig ist. Das Wissen darum reicht aus. Und je länger man sich bewegt, desto klarer wird alles, ein einziger Gedanke oder besser ein einziges Gefühl verstärkt sich von Schritt zu Schritt und lässt die  Einheit von Körper und Geist stimmig werden und der Zweifel löst sich bald auf:: „Ich bewege mich, also bin ich“

Dr. Günter Heidinger für MaxFun.de Deutschland

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