MaxFun Sports Laufsport Magazin

Esel oder Freigeist?

05.08.2010, 12:00:00
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Wir laufen um zu gewinnen, schneller zu werden, gesund zu bleiben, unsere Fitness zu steigern, Gewicht zu verlieren etc.

Manche laufen aber auch einfach der Freude wegen oder um das Prinzip der Selbstbeherrschung zu lernen und zu üben, denn dieses bedeutet Freiheit. Warum dies so ist, mag daran liegen, dass wir in einer Welt leben, die der Knechtschaft der Ideale dient. Diesen müssen wir uns mehr oder weniger täglich anpassen, denn jeder von uns lernt von Anfang an, dass es normal ist, sich selbst und seinen eigenen, den wahren Willen zu unterdrücken. Aber ist dies nicht sehr häufig eine Lüge gegen sich selbst? Und entstehen nicht gerade aus diesem Zwang heraus, Krankheiten des Leibes und des Gemüts?  

Die Folge davon ist entweder ein Sieg der Kraft der Unterdrückung, die wiederum Neurosen und Geistesstörungen mit sich bringt oder aber die Auflehnung gegen diese Kraft setzt sich mit Gewalt durch und bringt Maßlosigkeiten und Verrücktheiten mit sich: Man läuft und läuft und läuft, so lange, bis der Punkt da ist, an dem man zu fragen aufhört! Der Fehler bzw. das Verhängnisvolle liegt aber in der Unreinheit, denn nicht die Unterdrückung des Willens erzeugt das Leid, sondern irgendeine Form der Abhängigkeit, welche die Umgebung erzeugt. Aufzubegehren hat schon so manchem nichts gebracht, außer noch mehr an Zwang und Zwiespalt. Der Druck und die süßen Worte der Masse bzw. des nahen Umfeldes sind oft so weit reichend, dass wir uns beugen, zweifeln, und schlussendlich doch fügen. Wir tun so vieles, das wir im Grunde nicht tun wollen, erledigen Arbeiten, halten Verpflichtungen ein, verzichten auf unseren wahren Willen.

Die Familie braucht Zeit, der Beruf kostet Energie und wir reduzieren Sehnsüchte nach dem Lauftraining, sparen Zeit und erreichen nicht das, was unser Wille möchte. Warum beugen wir uns aber vor den falschen Göttern und Idealen und entbrennen nicht in flammendem Zorn gegen diese? Weil wir vorsichtig sein müssen und besser zunächst schweigen und in Ruhe beurteilen sollten, um das wahre Wollen in uns zu erkennen, damit wir nicht fälschlich Furcht für Keuschheit oder Zorn für Mut halten? Zuvor müssen wir freilich lernen, Werte zu erkennen, um nicht Gefahr zu laufen, uns vor den falschen Göttern unseres Zeitgeistes allzu sehr lenken zu lassen, denn diese sind allein von jenen Menschen gemacht, die das Gesetz des Wechsels nicht begriffen haben und den unabänderlichen Wert jeder Seele. Es gibt keine Unterschiede außerhalb unserer kleinen Welt!  

Aus diesem Grund, liebe Zen-Runner, lasst uns keine Esel sein, die in der Löwenhaut zu stecken glauben! Wenn der eine oder andere von uns allerdings ein Esel ist, dann soll er die ihm vom Leben aufgebürdeten Lasten tragen und sich an ihnen erfreuen, denn auch ein Esel kann auf dem Pfade seiner eigenen Tugend Ruhm erlangen. Genauso wie der 7999 bei einem Marathonlauf seinen ganz persönlichen Ruhm ernten kann und diese Leistung mehr Wert haben könnte als ein Sieg oder Spitzenplatz. Lasst uns deshalb niemals entmutigen, gleich welche Verwirrung oder Niederlage uns auch geschehen mag! Ansonsten führt ein solcher Irrtum unweigerlich bald zur Besessenheit und wir können nicht mehr loslassen und haben jede Freiheit verloren.  

Dann aber leidet unsere Persönlichkeit und führt uns von einer verhängnisvollen Niederlage zur anderen, wir sind mehr und mehr dem Zwange ausgeliefert, zu tun, was wir glauben, dass sein muss und nicht was unser Wille uns sagt. Das kann nicht förderlich sein: Nicht für uns, nicht für andere und nicht für die Gesamtheit. Deshalb, liebe Zen-Runner: Laufen wir weiter! Und denken wir dabei oder vergessen das Denken, um zu meditieren! In erster Linie aber, um unserem Willen gerecht zu werden, nicht dem der anderen. Auch wenn wir dabei unbeachtete Esel bleiben sollten!

Dr. Günter Heidinger

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