MaxFun Sports Laufsport Magazin
Doping für die Seele
26.01.2010, 12:00:00
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Zu diesem Thema hat man gerade in letzter Zeit viel gelesen und gehört, gestritten oder diskutiert und die Sportwelt ist sich ordentlich in die Haare geraten. Fest steht jedenfalls, dass es eine Menge von Substanzen gibt, die den Körper leistungsfähiger machen und dass die meisten davon verboten sind. Wie es aber mit dem anderen Teil des Menschen, der Seele aussieht, ob sich diese unter Umständen auch dopen lässt, diese Frage habe ich mir letztens gestellt. Freilich werden nun einige die Sache mit der Seele an sich schon in Frage stellen. Was soll das Nachdenken über etwas, das man weder sieht, noch hört, noch sonstwie wahrnehmen kann? Dass es die Seele also überhaupt gibt, das zu beweisen, ist unmöglich. Wer jedoch aufmerksam die Welt und das Sein beobachtet, in die Sterne, die Sonne blickt, die Vielfalt des Lebens betrachtet und dabei irgendwann aufhört, rational zu denken, wird vielleicht schon das eine oder andere Mal gespürt haben, dass da irgendetwas sein muss, das jenseits unserer so geachteten Vernunft wirkt. Wie dieses Etwas gedacht oder benannt wird, ist im Grunde gleich, entscheidend ist dagegen, was es mit einem selbst tut und ob wir selbst Einfluss darauf haben. Der Zen-Buddhismus kennt zwar keine Seele und kein konstantes Ich, als Zen-Runner dürfen wir uns aber erlauben, die Dinge ein wenig unwissenschaftlicher und spontaner zu überlegen: Wenn ich nämlich an einem Tag, an dem Zeit genug dafür ist, langsam und ohne über Tempo, Kilometer oder Leistungen nachzudenken, laufe, dann kann es bisweilen geschehen, dass etwas eintritt, das sich schwer bis gar nicht beschreiben lässt. Aus Zen-Buddhistischer Sicht muss es etwas mit dem Loslassen von Bedürfnissen und dem Anhaften zu tun haben. Je länger ich dann laufe, je weniger ich denke, je mehr ich das Denken lasse, desto mehr schwinden meine Bedürfnisse, desto ruhiger werde ich. Dann kann es sein, dass ich nach 3 Stunden oder mehr nach Hause komme und die Seele, was immer sie auch sein mag, sich wie gedopt anfühlt. Natürlich weiß ich, dass mein Bewusstsein, meine Gefühle usw. nichts anderes sind, als unstete Zustände, die genauso wie dir restliche Welt, dem Wandel unterworfen sind, dass sie kommen und vergehen. Ebenso ist mir klar, dass ich zwar das Gefühl habe, ein individuelles Ich zu sein, allerdings nur Teil einer Gesamtheit bin. Ähnlich wie der Regentropfen ein einzelner ist, aber nur einen Teil des gesamten Regens ausmacht, der vom Himmel in das Ganze, das Meer fällt. Ich weiß auch, dass so mancher dieses Empfinden mit Glückshormonen oder ähnlichen rationalen Argumenten begründen wird. Das alles ist mir aber in einem solchen Moment gleich, denn es geht mir gut, mein Lauf hat seinen Zweck erfüllt: Es geht auch meiner Seele gut, ob ich nun eine habe oder nicht! Doping für die Seele ist für mich daher ein langer, sehr langer Lauf, im Verlauf dessen das Nachdenken aufhört und der Seele Platz macht. Dr. Günter Heidinger |