MaxFun Sports Laufsport Magazin
Der Hüter der Schwelle
13.05.2010, 12:00:00
Foto:
Klaus-Uwe Pacyna/PIXELIO |
Zen-Runner zu sein, bzw. sich gelegentlich als solcher zu fühlen - was ebenfalls eine Möglichkeit darstellt - bedeutet, dass man nicht nur läuft, um schneller oder besser zu werden, sondern auch, um sich auf geistiger und persönlicher Ebene weiterzuentwickeln. Dies erfordert allerdings neben konsequentem Lauftraining als Basis, zusätzlich auch permanentes Denken und Suchen. Wer aber wann auch immer überreichlich über die Außenwelt nachgedacht hat, wird erkennen, dass in letzter Konsequenz nur in der eigenen Seele die Mittel zu finden sind, welche in der Lage sind, jene Eigenschaften zu entwickeln, die eigene Persönlichkeit fördern und entfalten zu helfen. Wenn jemand diesen Weg bis zum Ende gehen bzw. laufen möchte, sollte sich aber bewusst sein, dass dies ein sehr sehr weiter Weg sein wird, länger und schwerer als der längste Lauf. Kurz vor dem Ende dieses Weges wird derjenige, der nicht aufgegeben hat, hingegen vor dem "Hüter der Schwelle" stehen. Dann wird sich zeigen, ob er über die Ziellinie laufen darf. Bevor man jedoch diesen Weg überhaupt einschlagen kann, muss eine gewisse Grundstimmung der Seele vorhanden sein. Diese Stimmung oder Haltung kann man am besten als eine Art Demut gegenüber Wahrheit und Erkenntnis beschreiben. Erst wer diese Grundstimmung erreicht hat, kann überhaupt den Anfang dieses Weges sehen. Freilich ist es in unserer hektischen und immer schneller werdenden Welt, kein Leichtes, sich Zeit zu nehmen, für den Pfad der Erkenntnis. Wer in die täglichen Verpflichtungen des Alltags verstrickt ist, hat mehr als genug zu tun und schafft dies nur dann, wenn er energisch und konsequent an sich arbeitet. Viele Ideale werden in einer Zeit der zunehmenden öffentlich tolerierten Kritik hinterfragt oder abgeschwächt, warum man kaum noch mit ihnen konfrontiert wird. Andere Emotionen treten an die Stelle der Ehrfurcht vor dem Dasein und wer den Weg bis zum Hüter der Schwelle tatsächlich gehen möchte, muss wieder Werte und Ideale in sich selbst erzeugen und diese seiner Läuferseele einflößen. Der Anfang liegt zunächst in der Übung von Toleranz anderen Menschen gegenüber. Wer stets nur dazu neigt, die Schwächen anderer zu tadeln, raubt sich selbst die Möglichkeit zu höherem Wissen. Wesentlich sinnvoller ist es dagegen, sich in deren Vorzüge zu vertiefen, auch wenn es noch so schwierig ist, denn nur dann kann man Kraft schöpfen. Es liegt in der Möglichkeit jedes Menschen, sich selbst zu vervollkommnen. Allerdings muss die zu entwickelnde Kraft, von dem Innersten der Seele Besitz ergreifen. Es reicht nicht aus, dass man nur im äußerlichen Verhalten Achtung anderen Menschen gegenüber zeigt. Die Anerkennung des nicht Eigenen muss man so fest in seinen Gedanken haben, dass sie schlechterdings zum eigenen Wesen werden. Wer dies immer und immer wieder übt, wird langsam Dinge um ihn herum zu sehen beginnen, die er früher nicht gesehen hat. Jeder Mensch, der ihm nun gegenübertritt, ihm bei einem Trainingslauf begegnet, wird dann in völlig veränderter Form wahrgenommen werden, als zuvor. Gewiss ist das alleine noch nicht ausreichend. Der Weg fängt nämlich dann erst an und wird steiler und schwieriger als zuvor. Eine noch wesentlich schwerere Übung und Schulung ist dann nötig, bis endlich irgendwann der "Hüter der Schwelle" möglicherweise unzweifelhaft vor einem steht und seine Fragen an den Suchenden stellt. Welche dies sind, kann - wer das möchte - demnächst an dieser Stelle nachlesen. Dr. Günter Heidinger Link: zen-running.maxfun.at |