MaxFun Sports Laufsport Magazin
Über die Ästhetik im Sport
08.09.2009, 12:00:00
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Dennoch gilt die Beziehung des Sports zur Kultur im Allgemeinen wie auch zur Kunst im Besonderen als weitgehend ungeklärt. Betrachtet man jedoch die Medienpräsenz der modernen Sportler und reflektiert über die Wirkung, die von ihnen ausgeht, wird man bald feststellen, dass ein Sportstar, möchte er ein solcher werden und bleiben, neben einer herausragenden Leistung auch Charisma und nicht zuletzt ein gutes Aussehen bieten muss. Niemand wird leugnen können, dass Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften ein Jahrmarkt der Körperlichkeit sind. Ästhetik wirkt, Ästhetik verkauft sich, Ästhetik macht erfolgreich. Wenn die weltbesten Sprinter über die 100 Meter jagen, die Stabhochspringer muskulös und gleich Adonissen Anlauf nehmen, die Damen in ihren sexy Outfits ihre Leichtathletischen Bewerbe absolvieren, kann man nur staunen, ob der Perfektion dieser Körper und der Harmonie ihrer Bewegungen. Wer schon einmal erlebt hat, wie ein ganzes Feld von Radprofis wirkt, welche Atmosphäre es erzeugen kann, sich die Tour de France vor dem Fernsehgerät ansieht, muss schlechterdings fasziniert sein, von der beeindruckenden Ästhetik dieser Sportler. Nicht ohne Grund wird diese auch von den Athleten selbst zunehmend kultiviert. Eine kleine, dezente Tätowierung an der richtigen Stelle, eine aufgemalte Fahne des Heimatlandes, Trikots und Hosen in den unterschiedlichsten, aufeinander abgestimmten Farben usw. Sport ist attraktiv und macht interessant. Das alles hat Geschichte, ist historisch gewachsen. Heute hat die Ästhetik im Sport die ursprünglich dominierende Ethik verdrängt. Bei den alten Griechen galt Athletisches Tun als ethisch wertvolle Betätigung. G.W. F. Hegel etwa pries die antiken Spiele als Demonstrationen der Freiheit. Der Mensch habe, so Hegel, "den Körper zum Organ des Geistes umgebildet". Aus diesem Symbol der Vollkommenheit ergab sich im Laufe der Geschichte ein alles nivellierender Vollkommenheitsanspruch, nämlich der Triumph des eisernen Willens über den Körper. Leni Riefenstahl etwa formulierte eine Mythologie der barbarischen Schönheit des Körpers in Bewegung, eine Feier des Körperlichen, ein Vergessen des Gebrechens, der Beziehungen von Menschen untereinander, die anders sind als Kampf. Die antiken Olympischen Spiele sind längst vergangen. Was daraus geworden ist, bleibt dem Urteil des Einzelnen überlassen. Die Trümmer griechischer Geschichte und Kultur bringen jedenfalls auch den Glamour der Olympia-Show erst richtig zum Glänzen. Die Mischung aus Antike und Moderne, aus Mythos und Realität, braucht jedoch Symbole und Orte, am besten zwischen Kult und Hightech. Es wird mittlerweile alles getan um die Olympischen Spiele sowie andere sportliche Großereignisse als Gesamtkunstwerk erscheinen zu lassen. Dazu gehört aber auch ein enormer ästhetischer Anspruch, an den wir uns gewöhnt haben und der uns auch zu einem großen Teil dazu veranlasst, dass wir gerne zusehen. Wenn dann allerdings etwas unser ästhetisches Empfinden stört, empfinden wir Derartiges sehr störend und unangenehm. Und deshalb frage ich mich z.B.: „Wer um alles in der Welt hat diese fürchterliche Idee mit den knielangen Strümpfen gehabt, die mittlerweile immer mehr Läufer und Triathleten bei ihrem Sport tragen“? Und vor allem: „Warum bitte trägt man so etwas?“ Um schneller zu sein? Schneller um den Preis einer verlorenen Ästhetik? Ich weiß es nicht aber vielleicht bin ich einfach nur altmodisch oder engstirnig! Dr. Günter Heidinger |