MaxFun Sports Laufsport Magazin

St. Germain

08.09.2009, 12:00:00
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Früher, vor vielen Jahren, liefen wir zusammen durch die Prateralleen bis zum Freudenauer Hafenspitz.

Dort aß der noch nicht wackelige Graf stets ein halbes Keks, um frisch gestärkt Lebensweisheiten von sich gebend den Trab heimwärts anzutreten. Diskussionen wurden geführt, irres Gelächter war schon von weitem zu hören, ein wenig Dekadenz versprühend war man unterwegs, zu allen Jahres- und Wettergelegenheiten. Kaum hatte man ein Argument herausgequetscht aus seinem Innersten, waren schon fünf Gegenargumente am Tapet, stichhaltiger hätten sie nicht sein können, verbal war man ihm unterlegen, weit.  

Wettkämpfe wurden gemeinsam ausgefochten, skurril teilweise, erinnere mich an einen 24-Stunden-Lauf zu Viert, zu dem wir wie vier armselige Deppen mit nur drei Campingbetten (einer musste ja ohnehin immer laufen) und vollkommen ohne Betreuung antanzten. Gut, nächtens kamen dann zwei, drei liebe Freunde, die uns ein wenig halfen, die Tortur zu ertragen, die uns sogar Essen brachten, denn daran hatten wir selbstverständlich auch nicht gedacht – gab es doch ohnehin Verpflegungsstellen. So schlecht hatten wir uns denn auch nicht geschlagen, immerhin reichte es zu Rang drei, und das auch nur deshalb, weil wir nicht genügend Beweise hatten, dass die Zweitplatzierten im Dunkel der Nacht plötzlich aus viel mehr als Vieren bestanden. Was wir gelacht haben, unfassbar.  

Der Graf von St. Germain hat dazu auch einiges beigetragen, gut in Erinnerung geblieben ist mir die Begegnung mit ihm in Greifenstein, wo ich stadtauswärts mit dem Rade war, und er, der Graf, stadteinwärts per pedes unterwegs. Sein Haar, lang und dünn wie stets, blieb er kurz stehen, um meine ungläubige Frage zu beantworten – nämlich, was er dort so trieb. Einen 60er wolle er laufen, und es ginge gut, knapp mehr als die Hälfte habe er schon. Was er denn gefrühstückt hätte – einen Fruchtzwerg und eine Kiwi, und jetzt bei der Tankstelle in Andrä-Wördern hätte er noch eine kleine Dose Fanta eingeworfen. Ja, der Graf von St. Germain war schon etwas Besonderes, lebte von Luft und Sonnenstrahlen, wie wahr, wie wahr. Auch sein legendärer 100er in der Allee, wo er exakt ein halbes Cornetto zu verspeisen gedachte, der Rest war ihm aus dem Gesicht gefallen, von abstrusester Abstrusität geprägt.  

Und wo ist er heute, der Graf? Wenn man ihn einmal im Jahr telefonisch erreicht, meint er nur, er rufe gleich zurück, das „Gleich“ wird zu einer Ewigkeit, man probiert es dann eine Woche lang und gibt schließlich auf, um es ein Monat später wieder zu versuchen. In der Allee, wo er früher beinahe immer anzutreffen war, ist er auch niemals zu sehen, und langsam, ganz langsam denke ich, er ist wirklich dieser ominöse Graf, der sich uns allen unter einem ganz anderen Namen vorgestellt hatte, in einem anderen Leben. Und dieser Graf ist ewig und nicht mehr in unserem Sein, nur noch Illusion, eine Illusion, die sich unter dem Schreibtisch versteckt, versteckt vor sich selbst und der Erkenntnis.  

Die letzten Jahre war er auch als Zen-Runner unterwegs aber auch als solchen habe ich ihn schon länger nicht gesichtet. St. Germain, wo bist Du? Gib preis, was Du erlebt, lauf noch einmal mit uns, lach noch einmal wie ein Irrer mit uns, und argumentiere uns gnadenlos nieder!  

Christian Kleber (MAS)

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