Laufen verboten

So manche Dinge im Leben sind, betrachtet man sie etwas eingehender, doch einigermaßen fragwürdig bzw. skurril.

In Zeiten, in denen Bewegung wieder als ein wertvolles Gut gesehen wird, man sich immer mehr bewusst wird, dass körperliches Tun nicht nur Spaß macht, sondern auch der Gesundheit und vielem mehr förderlich ist, kann es doch tatsächlich geschehen, dass man Umfelder findet, an denen das Laufen verboten ist, noch dazu für junge Menschen, die doch zunehmend unter Bewegungsmangel leiden. Kurios erscheint es mir, wenn ich feststelle, dass es in Österreichischen Schulen für die Schüler verboten ist zu laufen.

Freilich sei vorausgeschickt, dass dieses Verbot seine wohlverständlichen Gründe hat. Natürlich ist klar, dass es dazu dient, unsere Kinder vor Verletzungen zu schützen und es schnell geschehen kann, dass durch die Gänge laufende 10jährige sich die Köpfe anrennen. Verständlich und einsehbar also, wenn es heißt: „Laufen verboten“! Was aber eine solche rigorose Sperre an unbedachten Folgen haben kann, wird vielleicht nicht ganz mitgedacht.

Was muss wohl tief in den Köpfen unserer Kinder und Jugendlichen vorgehen, wenn Sie von Anfang an ihrer Schulkarriere ständig eindringlich verwarnt werden, wenn der natürliche Bewegungsdrang, der ohnehin immer seltener wird, mit ihnen durchgeht, sie sich einfach zwischen den langen Unterrichtsstunden bewegen möchten? Was bewirkt ein derartiges Indoktrinieren und Verbieten im Denken? Muss nicht früher oder später der Gedanke entstehen, auch wenn er sich nur schleichend und unbewusst in den Gehirnen der Jugend einnistet, dass Laufen oder überhaupt Bewegen etwas Verbotenes oder gar Schlechtes sei? Wer jahrelang immer wieder, möglicherweise fast täglich hört: „Nicht laufen!“, der wird wahrscheinlich irgendwann zur Ansicht kommen, dass dieses Laufen unheilvoll oder schädlich sein könnte!

Eine Zwickmühle, in der sich die Verantwortlichen hier befinden, keine Frage, denn wofür entscheidet man sich, wenn Regeln einerseits die Aufgabe haben, zu schützen, andererseits aber unbedachte und unterschätzte Folgen nach sich ziehen könnten. Einfach alle unkontrolliert durch die Gegend rennen lassen, geht wohl tatsächlich nicht. Wie ein gestrenger Polizist aber, ein solches Verbot durchzusetzen, das sollte überlegt werden. unter Umständen kann es eine Möglichkeit sein, nicht wie ein Berserker auf laufende, lachende Kinder loszustürmen und sie wie Gesetzesbrecher zu stoppen, sie gar abzumahnen oder zu bestrafen, nur weil sie das tun, was wir alle vermehrt tun sollten: zu laufen. Möglicherweise bieten sich auch andere Gelegenheiten, Kindern verstärkt ihre notwendige Bewegung zu ermöglichen. „Laufen verboten!“, kann jedoch keinesfalls das Richtige sein!

Dr. Günter Heidinger