MaxFun Sports Laufsport Magazin
Genetik
23.05.2009, 12:00:00
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Clemens Scheumann/PIXELIO |
Sie kennen das vielleicht. Jahr für Jahr der gleiche Vorsatz, das gleiche Ziel; endlich den Marathon unter 3h30 laufen. Alle Wettkämpfe davor zur maximalen Zufriedenheit ausgeführt, eine persönliche Bestzeit nach der anderen gelaufen, Training ebenfalls maximal zufriedenstellend. So viel und so qualitativ ist es noch nie gewesen. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren schaffen Sie es diesmal sogar, gesund zu bleiben, keine Erkältung, kein Zwicken und Zwacken da oder dort, alles perfekt. Der Tag X ebenfalls, Sie haben extra einen Tempomacher besorgt, der Ihnen Getränke und Essen reicht, dafür sorgt, dass das Tempo exakt eingehalten wird, der Sie auf der Strecke motiviert. Dann irgendwo bei Kilometer 35 das erste Zeichen von Schwäche, Sie geraten ins Straucheln, leiden plötzlich fürchterlich, hassen Ihren Tempomacher, der sich immer noch anschickt, blöde Witze zu reißen (dies aber tunlichst unterlässt, aus Angst vor den Giftpfeilen, die Sie verschicken), wollen am liebsten im Erdboden versinken. Nach 3h33 im Ziel ist zwar brav (ganz ehrlich, genau 181s über Ihrem Traumziel, das ist doch nichts auf dieser Distanz, aber bitte), doch eben überhaupt nicht das, was Sie sich vorstellen. Um sich selbst zu bestrafen, fangen Sie knallhart zwei Tage später wieder mit dem Training an, was brauchen Sie schon zu regenerieren, nachdem Sie die letzten Marathonkilometer eh nicht mehr „richtig“ gelaufen sind, zwei Wochen später steht der nächste Marathon, der nächste Versuch, an. Gerade noch kann man Sie davon abhalten, schon wieder zu starten, schließlich sehen Sie es ein, dass es ja wirklich keinen Sinn hätte. Dafür starten Sie eine Woche darauf bei einem Halbmarathon, dort wollen Sie einen persönlichen Rekord, sozusagen als Wiedergutmachung für den „Mist“, den Sie vor drei Wochen fabriziert haben. Und siehe da, bis Kilometer 14 geht alles gut, dann der große Einbruch, die Zeit langsamer als die Halbmarathon-Durchgangszeit beim Marathon drei Wochen zuvor. Warum? Nun, erstens ist auch ein Marathon, bei dem man „eingeht“, ein Marathon, vorausgesetzt, man läuft ihn fertig. Und nach einem Marathon MUSS man regenerieren, will man diese Belastung nicht Wochen oder sogar Monate lang mit sich herumschleppen. Für alle zwei Wettkampfkilometer ein Tag Pause (aktive Erholung, lockeres Radfahren, etc.). Das heißt, der Halbmarathon fällt genau auf den letzten Tag der Regenerationsphase. Das KANN nicht funktionieren! Zweitens sollte man sich, wenn man etwas so lange Jahre verzweifelt versucht und dennoch immer wieder scheitert, ehrlich überlegen, ob denn diese Art der sportlichen Belastung die richtige für einen ist; ob es nicht gescheiter wäre, andere Distanzen zu laufen. Distanzen, die der eigenen Genetik wesentlich mehr entgegenkommen würden. Da kann die Empfehlung nur immer wieder lauten; am besten ALLE Wettkampf-Distanzen (als Ausdauersportler von 800m bis Marathon) ausprobieren, und bei der bleiben, bei der man sich am wohlsten fühlt. Dort wird man dann auch seine individuellen Ziele viel einfacher erreichen. Und drittens muss es ja nicht zwangsläufig Laufen sein. Ein wirklich guter Radamateur, der sich heuer mit seinen knappen 30 Jahren sogar bei den Profis versucht (und beispielsweise bei den Rennen in Italien immer mit dem Feld ins Ziel kommt, auch auf Bergetappen; und das heißt etwas, denn die Italiener fahren wie die Irren...), war zunächst vor einigen Jahren Läufer - mit sehr mäßigem Erfolg, um nicht zu sagen, mit überhaupt keinem, wenn man sich seine jetzigen Ergebnisse ansieht. Der hat nicht lang gefackelt und einfach umgesattelt - eine kluge Entscheidung. Was nun nicht heißen soll, dass Sie aufhören sollten zu laufen; aber all diese Dinge in Betracht ziehend sollten Sie eben hie und da Entscheidungen treffen, von denen Sie nur profitieren können und die Ihnen das Leben ordentlich erleichtern. Christian Kleber (MAS) Link: www.MaxFun.cc |