Der Spiegel des Läufers

An den Ufern der Donau dahin laufend gibt es immer wieder Gedanken, an denen man weiterlaufend hängenbleiben kann.

Das Wasser des Flusses spiegelt den Himmel und auch so manches andere wider, sogar teilweise meine laufende Silhouette. Ich spüre immer stärker das Körperliche, das offenbar wiederum auf meinen Geist rückwirkt. Gerade vorher hatte ich über den nächsten Wettkampf nachgedacht und ob ich auch ausreichend darauf vorbereitet wäre. Da habe ich das Gefühl als spräche ich zu mir selbst:

„Sei nicht ein Sklave des Ruhms, trage dich nicht mit großen Plänen, gib dich nicht ab mit Geschäften und sei nicht ein Meister des Wissens, sondern verliere dich körperlich im Unendlichen und suche dir das Gestaltlose zum Gefährten. Ergründe, was du Himmlisches in dir trägst, aber lasse es niemanden sehen. Und: Löse dich darüber hinaus von allem. Denn der vollendende Mensch gebraucht sein Herz nur wie einen Spiegel. Er gibt nichts von sich und nimmt nichts in sich auf. Er spiegelt nur wider, aber er hält nichts fest. Darum kann er die ganze Welt überwinden und nimmt doch nicht Schaden an seiner Seele.“

Keine Ahnung, was ich davon halten soll! Soll ich an diesem Wettkampf , über den ich da vorhin nachgedachte hatte, nun teilnehmen oder nicht? Ich blicke in das spiegelnde Wasser und erkenne nur das Gespiegelte. Die Antwort muss ich wohl selber finden. Daher ist der einzige Schluss für mich auch nur jener: Ich laufe weiter und verliere mich körperlich im Unendlichen. Was immer genau das auch sein kann. Versuchen kann ich es ja! Wenn ich mich verloren habe, wird mich schon jemand oder etwas finden!

Dr. Günter Heidinger