MaxFun Sports Laufsport Magazin
Berglauf-Weltcup
02.02.2009, 12:00:00
Foto:
Joujou/PIXELIO |
Und ganz ehrlich, ich stehe nicht in der zweiten Reihe, nicht irgendwo hinten, nein, ganz vorne, in der allerersten Reihe, direkt neben Jonathan Wyatt stehe ich und warte wie alle anderen ungeduldig auf den Startschuss. Das heißt, so ungeduldig bin ich eigentlich gar nicht, es läuft alles ganz locker ab. Und ehe ich mich´s versehe, rennen wir auch schon los, nein, sind schon in den ersten Steilpassagen. Jonathan oder Jo, wie ich ihn mittlerweile liebevoll duze, läuft gleichauf mit mir, Schulter an Schulter nehmen wir die erste Klettersteigpassage, wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich mir leichter tue an diesem Tag, Jo klammert sich teilweise mit groß aufgerissenen Augen, in denen ich Angst lesen kann, an das Drahtseil auf der linken Seite, das immer wieder bedrohlich nachzugeben scheint. Mir kann all die Steil- und Schroffheit des Geländes nichts, aber auch schon überhaupt nichts anhaben, trittsicher und gewandt springe ich förmlich von Felsspitze zu Felsspitze. Die anderen Läufer tun sich da wesentlich schwerer, aber es ist kein Gekeuche zu hören, das dürften Bergläufer so an sich haben; kein Mucks, kein Ton, kein Geächze, wie Gazellen springt man den Berg hinauf. Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich hier mit dem Allerbesten mithalten kann, beginne schon zu überlegen, wie und wo ich attackieren werde, doch so recht mag es mir nicht in den Sinn kommen. Die Strecke hab ich mir doch sicher angesehen, ich muss doch wissen, wo es günstig ist, auf´s Tempo zu drücken, aber irgendwie verschwimmt alles, wahrscheinlich aufgrund des doch recht hohen Laktatspiegels, der auch mein Hirn langsam zu zersetzen scheint. Oben dann eine riesige, jaulende Menschenmenge, kaum genügend Platz vorhanden, da weicht sie aus, die Masse, und man kann sich doch seinen Weg bahnen – nur wohin? Ich dürfte nicht mehr im Rennen sein, befinde mich plötzlich auf der Zuschauertribüne, die gefährlich nachzugeben scheint, möchte mir den Zieleinlauf ansehen, nein, es macht mir nichts, dass ich keiner der Protagonisten mehr bin, es macht mir nur etwas, dass ich kaum hinsehen kann zum ominösen Ziel-Schild. Im allerletzten Moment sehe ich noch, wie Jo durchs Ziel schwebt, als Erster, leider nicht gefolgt von mir, habe es wieder nicht geschafft, nicht einmal Finishen, aber was soll´s, viel wichtiger, wo ist Ratz, Ratz Markus, mein alter Freund, der ist doch auch am Start gestanden. Braungebrannt steht er auf einmal neben mir, die weißen Zähne bleckend, ich sehe ihn nur an und sage: “Sechster, gell?“ Und er meint nur „Ja“, zufrieden und unglaublich dünn steht er neben mir auf der Zuschauertribüne, und weil ich mir denke, dass die um uns herumstehenden Zuschauer unbedingt wissen sollen, dass ich den Sechsten des heutigen Berglauf-Weltcups kenne, frage ich den Ratz noch einmal, diesmal viel lauter, und endlich dreht man sich um nach uns, beginnt zu tuscheln, nickt anerkennend. Ja, ICH kenne den heutigen Sechstplatzierten. Dann wache ich auf, schweißgebadet, und sehe mir wie jeden Tag sofort die Nachrichten an, erfahre, dass der neue Weihbischof von Linz glaubt, dass Harry Potter der Teufel selbst ist, und weiß überhaupt nicht mehr, was Realität, was Traum, was Illusion! Ich lege mich wieder hin, verfalle in einen unruhigen Schlaf, bin diesmal Tänzer – Traumtänzer Christian Kleber Link: www.MaxFun.at |