MaxFun Sports Laufsport Magazin
Spiegel
23.06.2008, 12:00:00
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Nach Zen-Buddhistischer Auffassung wohnt dem Seienden eine schrankenlose Öffnung bzw. eine gewisse Gastlichkeit inne, so als bestünde es nur aus Fenstern. Anders als etwa abendländische Überlegungen zum Seienden - oderdort mehr der Seele -, die das Sein als ein Wollendes verstehen. Für Leibniz etwa ist die Seele wie ein Spiegel, der das Universum in sich spiegelt. Diese Widerspiegelung vollzieht sich aber als Widerhall der Welt und ist keine selbstlose Spiegelung. Ganz anders verwendet der Zen-Buddhismus den Spiegel als Modell für ähnliche Überlegungen zum Sein. Dort spiegelt sich der Spiegel in allen anderen Spiegeln und alle spiegeln sich wiederum in einem einzigen Spiegel. Dieses Spiegeln ist die Wirklichkeit der wirklichen Welt. Alle Spiegelungen finden aber anders als im überwiegenden Teil der abendländischen Philosophie ohne Begehren statt. Der buddhistische Spiegel ist in sich leer, er greift nach nichts. Er spiegelt ohne Innerlichkeit, ohne Begierde. Wäre die Seele ein Organ des Begehrens, so hätte der Spiegel keine Seele. Er wäre niemandig. Diese Niemandigkeit macht ihn aber wiederum gastfreundlich gegenüber jedem Seienden, das ihn aufsucht. Sie macht ihn schlechterdings zu einem Gasthaus. Aufgrund seiner Leere vermag ein solcher Spiegel aber alles zu beherbergen, weil in einem völlig klaren Spiegel können alle Formen gesehen werden, obgleich er keine Formen enthält, er besitzt keine individuelle Persönlichkeit. Und was sollen wir damit anfangen? Wenn Sie diese Frage jetzt gestellt haben, dann geht es Ihnen offenbar genauso wie den meisten abendländisch denkenden Menschen. Wenn nicht sind Sie philosophisch schon so weit fortgeschritten, dass Sie die Antwort erst recht nicht zufriedenstellend gefunden haben. Wenn Sie aber irgendwo in sich ein gewisses philosophisches Sensorium haben, werden Sie sich vielleicht herausgefordert fühlen, von derartigen Gedanken. Wenn dies so ist, dann nehmen Sie diese Überlegungen auf einen Ihrer nächsten Zen-Running Reflexionsläufe mit, denken Sie darüber nach, bis Sie merken, dass die Antwort allein durch Reflexion kaum auffindbar ist. Nehmen Sie in der Folge die gleichen Gedanken auf Ihre Meditationsläufe mit und meditieren Sie darüber – immer öfter und häufiger. Irgendwann wird diese geistige Arbeit vielleicht auf einem Kontemplationslauf Wirkung zeigen…[1]
[1] Siehe dazu: Die Techniken des Zen-Running Dr. Günter Heidinger |