Glück?

Sind Sie glücklich? Wissen Sie was Glück ist? Ist Ihnen klar, wann und warum Sie sich glücklich fühlen oder auch nicht? Jagen Sie dem Glück ständig hinterher und gehören Sie zu jenen, die auf die Frage, ob sie glücklich seien, nicht wissen was sie antworten sollen?

Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie im Dunkeln tappen. Schon unzählige Denker im Laufe der Geschichte haben es nicht gewusst, bestenfalls darüber nachgedacht. Ihre diesbezüglichen Gedanken können aber hilfreich sein und möglicherweise für ein paar Augenblicke glücklich machen…

„Glück ist ein immerwährender Zustand, der für den Menschen hienieden nicht geschaffen zu sein scheint. Alles auf Erden ist in stetigem Fließen begriffen, welches nicht zulässt, dass irgendetwas dauerhafte Gestalt annimmt. Alles um uns herum wandelt sich. Wir selber wandeln uns, und niemand kann sicher sein, morgen noch das zu lieben, was er heute liebt. Pläne, die wir entwerfen, um in diesem Leben selig zu werden, sind also samt und sonders Hirngespinste. Nutzen wir die Zufriedenheit des Geistes, sobald sie sich einstellt, tragen wir Sorge, dass sie sich ja nicht durch unser Verschulden wieder entferne, aber machen wir keinerlei Pläne, sie an uns zu binden, denn solche Pläne sind reine Torheit. Glückliche Menschen habe ich wenige gesehen, vielleicht gar keine; oft gesehen habe ich hingegen zufriedene, und von allem, was mich je stark beeindruckt hat, ist nichts meiner eigenen Zufriedenheit so förderlich gewesen wie dieser Anblick. Ich glaube, das ist eine natürliche Folge des gewaltigen Einflusses sinnlicher Wahrnehmungen auf mein Empfinden. Glück hat keine äußerlichen Merkmale: um es zu erkennen, müsste man schon im Herzen eines Glücklichen lesen können. Zufriedenheit jedoch wird offenkundig im Blick, in der Haltung, im Tonfall, im Gang und scheint sich jedem mitzuteilen, der es zu sehen weiß. Was gibt es Entzückenderes, als an Feiertagen zu beobachten, wie sich ein ganzes Volk der Lebenslust hingibt, und sich bei den aller Welt leuchtenden Strahlen der Freude, die nur kurz, aber hell durch die Wolken unseres Daseins brechen, die Herzen öffnen?“

So sieht Jean-Jaques Rousseau die Sache mit dem Glück und denkt auf seinem neunten Spaziergang darüber nach[1]. Rousseau, der besonders im hohen Alter sein Glück oder zumindest seine Zufriedenheit fast ausschließlich nur mehr auf seinen langen Spaziergängen gefunden hatte, gibt uns dadurch einen kleinen Hinweis darauf, wo wir Läufer und Sportler ein Stückchen Glück finden – oder wenigstens suchen – könnten: Auf unserer Laufstrecke! Dort kann es dem Zen-Runner schon geschehen, dass die „Strahlen der Freude, die nur kurz, aber hell durch die Wolken unseres Daseins brechen“, doch sichtbar werden und sein Herz für einige Augenblicke öffnen.

[1] Jean-Jaques Rousseau: Träumereien eines einsamen Spaziergängers

Dr. Günter Heidinger