MaxFun Sports Laufsport Magazin
Trägheit eine Todsünde?
08.02.2006, 12:00:00
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Wenngleich auch der inaktive Sportler keine Todsünde begeht, fehlt er aber doch gegen seine guten Vorsätze. Die „sportliche Acedia“ raubt der Seele nicht nur jede Spannkraft, sie führt nicht nur dazu, dass man zu nichts mehr Lust hat, sondern bewirkt darüber hinaus auch noch andere unangenehme Stimmungen: Wer die Bewegung gewohnt ist und dennoch darauf verzichtet, wird schnell entmutigt, verbittert, gleichgültig, matt oder gar verzweifelt. Eine Unruhe des Geistes und des Körpers macht sich breit, man wird wankelmütig und ärgerlich. Und wenn auch die „sportliche Trägheit“ keine Todsünde im christlichen Sinne ist, kann ein solcher Vergleich dennoch interessante Parallelen zu Tage fördern. So warnte schon Evagrius, ein griechischer Theologe, im 4. Jh. vor der großen Gefahr der Selbstschädigung angesichts eines Dahinlebens in Müßiggang und Faulheit, ohne Eigeninitiative. Damit einhergehend komme es unter anderem zu oben genannten Folgeerscheinungen. Wie aber können wir dem Dämon der Trägheit begegnen? Wie ihn besiegen? Schon Evagrius gibt als ein wichtiges Mittel das Ausharren an. Der von der Acedia befallene Mönch hatte in seiner Zelle auszuharren, der von der Trägheit befallene Sportler aber könnte sich daran erinnern, wie schön das Gefühl nach einer sportlichen Betätigung ist und sich darauf verlassen, dass es sich, hat man erst einmal mit der Bewegung begonnen, auch einstellt. Nahezu immer tritt dieser allen Trainierenden bekannte Effekt ein, dass man sich kaum überwinden kann, seine Bequemlichkeit zu bezwingen, die Laufschuhe anzuziehen und loszulegen, schließlich aber es doch tut. Anfangs läuft es nur äußerst mühsam, jeder Schritt ist eine Qual und Spaß macht das Ganze schon gar nicht. Der Wind bläst von vorne ins Gesicht und lässt den gesamten Körper frösteln, dann kommt er endlich von rückwärts, aber irgendwie ist es plötzlich zu warm. Vielleicht beginnt es auch noch zu schneien oder zu regnen, man blickt wiederholt auf die Uhr, stellt fest, dass nicht einmal noch ein Drittel der zu laufenden Zeit vorbei ist. Am liebsten möchte man einfach stehen bleiben oder einfach nur gehen. Dann aber langsam und unheimlich mühevoll geht die Zeit vorüber, man hat es geschafft. Die Laufschuhe werden ausgezogen, rasch das verschwitzte Leibchen abgestreift, ab in die warme Dusche. Und spätestens jetzt tritt es ein: das vertraute unermesslich herrliche Gefühl der Losgelöstheit und Gelassenheit. Der Dämon der Trägheit ist besiegt, das Hin und Her der Emotionen hat aufgehört. Der Sportler hat wieder zu sich selbst gefunden, nicht zu einem gefühllosen Zustand, sondern zu einer Verfassung, in der er mit seinen Gefühlen zur Ruhe kommt. Alles ist wieder in Ordnung oder zumindest nicht mehr wichtig. Denken wir an diesen Zustand, wenn er uns befällt der Geist der Trägheit, rufen wir uns in Erinnerung, wie wir uns fühlen, wenn wir ihm nicht nachgeben, sondern trotzen und uns bezwingen. Besser fühlen wir uns mit Sicherheit nur dann, wenn wir uns bewegt haben. Ganz selten sind die Fälle, in denen wir uns mehr über eine in Trägheit verbrachte Stunde freuen als über eine gelaufene. Dr. Günter Heidinger Vom 2. bis 4 Juni findet das zweite Sportphilosophicum im Stift Zwettl von Dr. Günter Heidinger statt. Informationen unter: moveor@chello.at oder 0699 11108236. Günter Heidinger Link: www.MaxFun.at |