MaxFun Sports Laufsport Magazin

Längster Lauf (Folge 18)

01.03.2005, 12:00:00
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Nach 1 Stunde 50 Minuten: Doris war eine völlig andere geworden

In den letzten Folgen: Markus und Doris haben sich vorgenommen, im Mai am Vienna City Marathon teilzunehmen. Für beide ist es das erste Mal. Markus muss nach drei Skitagen aufgrund einer Verkühlung mit dem Training aussetzen und zweifelt, ob er den Marathon überhaupt schaffen kann. Sein Freund und Arbeitskollege Peter, der im November einen Herzinfarkt erlitten hatte, macht ihm wieder Mut. Doris unternimmt nun ihren ersten 2-Stunden-Lauf.

FOLGE 18

Vielleicht hat dem Februar sein 29. Tag gefehlt, er hätte sonst Gelegenheit gehabt, einen Schalter umzulegen und notwendige Maßnahmen in Richtung Frühlingsbeginn einzuleiten. Doch nun bleibt die Außentemperatur im negativen Bereich. Kurz vor Verschärfung der Kälte hatte Doris noch einen langen Lauf mit einem Arbeitskollegen vereinbart.

Vor sieben Uhr stand sie auf – Samstage sehen sonst anders aus – und machte ihren Söhnen das Frühstück. Die beiden sahen dem Schulvormittag mit verschlafener Gleichgültigkeit entgegen. Umso mehr war Doris aufgekratzt. Neun Uhr Treffpunkt. Sie wollte pünktlich sein. Es galt, genug Abstand zum Frühstück zu halten, alles adjustiert zu haben und bereit für ein anstrengendes Unternehmen zu sein. „Machen wir einmal einen längeren Lauf zusammen, so knapp zwei Stunden“, hatte Leo vorgeschlagen, nachdem sie öfters im Büro auf den Marathon zu sprechen gekommen waren. Er wollte um neun Uhr, denn für danach hatte er seiner Tochter versprochen, sie von der Schule abzuholen und auf einer Shoppingtour zu begleiten. Doris ging mehrmals auf die Toilette, überlegte, ob sie für die Kälte auch die passende Kleidung an hatte und verabschiedete sich vom immer noch dösenden Markus. So ähnlich muss man sich vor einem Rennen fühlen, dachte sie. Um 8:51 Uhr trat sie vor die Tür: „Verdammt, ich muss mich beeilen, sonst schaffe ich es nicht mehr.“

Doris rannte drauflos, gerade so, dass sie nicht völlig außer Atem kam und die knapp 2 Kilometer bis zum Treffpunkt an der Donau durchhalten konnte. Ihre Hektik passte nicht zu diesem Tag. Noch war wenig los auf den Straßen, Ruhe lag in der Luft, der Morgen und die Hundewürste auf den Gehsteigen waren noch frisch. Leo wartete bereits. „Guten Morgen, Doris. Laufen wir gleich los.“

„Worauf hab ich mich da eingelassen?“, haderte sie mit sich selbst. „Laufen mit Leo, der schon drei Marathons geschafft hat und sicher viel schneller ist als ich!“ Die beiden trabten dahin, Schnee war am Treppelweg stellenweise festgefroren. Es war unglaublich hell, nicht schneidend kalt, ein paar scharfgliedrige Eiswolken schwebten in Zeitlupe über den Himmel. „Passt es so?“, fragte Leo mehrmals. Die beiden fanden gut in den Rhythmus. Die Strecke war großteils neu für Doris. Sie konzentrierte sich auf die Schritte, merkte nicht, wie rasch 30 Minuten vergangen waren. „Hier laufen wir bald etwas bergauf, du schaffst das sicher“, kündigte Leo beiläufig an. Doris nahm sich vor, einfach dranzubleiben; der Puls war okay. Der Weg wurde schmäler, Schnee ringsum, nur ein festgetretener Pfad durch den Wald erlaubte das Vorwärtskommen – es ging überraschend gut. Sie ließen den Leopoldsberg rechts liegen, erreichten die Höhenstraße. Der Weg wurde flacher, alles war viel tiefer in Schnee getaucht, als sie es sich in der Stadt vorstellen konnte. Raureif wuchs zentimeterdick auf den Ästen. Eine Spaziergeherin trat vor ihnen zur Seite. Doris schaltete das akustische Signal des Pulsmessgeräts aus. Der Kahlenberg glänzte tiefweiß. Sie kehrten in einer Schleife um, liefen in der grellen Sonne auf das unter ihnen ausgebreitete Wien zu. Die Abfolge der Schritte, das Durchschütteln des Körpers, erschien Doris wie eine angenehme Dauermassage, die sie genießen konnte.

„Wie lange sind wir eigentlich schon unterwegs?“, kam es ihr in den Sinn. „1 Stunde 20 Minuten“, sagte Leo. „Macht für mich plus zehn Minuten“, so Doris. „Im Moment fühle ich mich sehr gut. Wie lange laufen wir noch?“ Leo überschlug die verbleibende Strecke im Kopf. „Eine halbe Stunde etwa.“ In Summe also zwei Stunden! Doris war wie elektrisiert. Zwei Stunden, es schien ihr wie ein Schritt in Neuland – sie sollte recht behalten.

Sie erreichten wieder den Treppelweg. Keine Steigungen mehr, keine Kurven mehr. Nur noch ein gerader Weg zurück. Der Kopf war schon am Ziel, die Beine noch unterwegs, und aus dieser Diskrepanz begannen die Schwierigkeiten zu entstehen. Doris musste die Schritte plötzlich aktiv setzen. Es lief nicht mehr rund, sie spürte die Oberschenkelmuskeln und den Rücken. War sie zuvor für jeden Schritt von der chemischen Abteilung im Gehirn belohnt worden, sah sie nun einen Schmerzensweg vor sich. Sie atmete tief aus und stöhnte dabei. Leo lief unbeirrt ein gleichmäßiges Tempo. Jeder Schritt auf den Asphalt war durch alle Nervenbahnen von der Ferse bis zu den Schultern zu spüren. Weiterlaufen, weiterlaufen, stehen bleiben geht jetzt nicht! Obwohl sie schwitzte, spürte sie den Wind durch ihre Laufhose auf die Haut blasen. Sie blickte auf die Uhr: Erst sechs Minuten waren vergangen.

Nach 1 Stunde 50 Minuten hatten sie wieder den Ausgangspunkt erreicht, doch Doris war eine völlig andere geworden: Steif, hungrig, müde, stolz. „Tschüss, bis nächste Woche! Bist toll gelaufen.“ Sie waren ganz kurz stehen geblieben. Knapp zwei Kilometer lagen noch vor ihr, zurück in die Wohnung. Laufen, laufen. Stell dir vor, es sind die letzten zwei Kilometer vor dem Marathonziel. Doris ächzte, vor Schmerzen und um sich selbst anzuspornen. Als sie auf eine Gehsteigkante springen wollte, brannten die Oberschenkel. Langsam weitertraben. Unwillkürlich begann sie damit, kürzere, schnellere Schritte zu machen. Dann anfersen. Es tat höllisch weh. Nochmals, ganz vorsichtig, dann mit dem anderen Fuß – die Sache wurde schon angenehmer. Wieder ein paar kürzere Schritte, ein paar längere Schritte, schneller werden, wieder langsamer. 50 Meter schneller und wieder langsamer. 100 Meter schneller und wieder langsamer. Das Bemerkenswerte war: Langsam laufen war nur mit großer Überwindung möglich, aber der neue Rhythmus machte Spaß! Und es tat gut, sie konnte einen Teil der Müdigkeit damit vertreiben. Zwei Stunden und zwei Minuten – aus. Jetzt trinken, duschen, ausstrecken.

„Ist das nicht viel zu lang, zwei Stunden?“, fragte Markus, als sie aus dem Badezimmer kam. „Alter Spielverderber“, dachte sie, schwebte aber noch in Sphären, in denen sie keine Auseinandersetzung führen wollte. Thomas und Felix kamen bei der Tür herein. Noch bevor sie die Schultaschen verstaut hatten, rückten sie mit ihren Vorschlägen für das Nachmittagsprogramm heraus. „Ich brauche neue Sportschuhe“, hörte Doris. Und: „Mein Handy funktioniert schon seit Wochen so blöd.“ Als Markus sie fragend anblickte wusste sie eines ganz sicher: „Das ist jetzt dein Job.“

Fortsetzung folgt ...



Der Bericht wurde vom Veranstalter selbst im Eventmanager von MaxFun.cc eingetragen

Doris du schaffst es

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