MaxFun Sports Laufsport Magazin

Richtig oder falsch?

19.10.2004, 12:00:00
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Irrtümer der Sportmedizin

Sport-Forum, ein Referent:
"Ein Ausdauersportler kann Steigerungen durch ein Sprinttraining erzielen, dies wird durch die Erkenntnis gestützt, dass Topausdauerathleten die 100 m fliegend in 10,5, 10,6 sec meistern.“

die Antwort:
Wenn Topausdauerathleten die 100 m fliegend in 10,5 sec laufen liegt dies daran, dass sie neben der höheren Ausdauer von der genetischen Disposition (Muskelfaserzusammensetzung) her einen höheren Anteil an schnellkräftiger "fast-twitch" Muskulatur besitzen als der etwas schlechtere Ausdauerathlet. Ein dosiertes Sprinttraining kann dem Sportler der Langzeitausdauer positive Reize für Wettkämpfe im Unterdistanzbereich liefern; umgekehrt wird er z.B. im Marathonlauf durch umfangreiche Sprinttrainingseinheiten eher schlechter laufen, da die oxidative Kapazität (Ausdauerleistungsfähigkeit) ingesamt abnimmt, wenn die glykolytische Kapazität (Anaerobe Leistungsfähigkeit) zunimmt.

häufig gehörter Trainingstipp:
"Sie müssen genau bei dieser Herzfrequenz in Höhe von ... trainieren, ein Schlag höher oder tiefer ist falsch".

die Antwort:
Das Herzfrequenzverhalten wird durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren moduliert. Wenn Ihnen vor dem Training z.B. das geliebte Meerschweinchen eingegangen ist wird die Herzfrequenz durch die aktiven Stresshormone unter Umständen auf über 25 Schläge/min gegenüber ihrer üblichen Trainingsherzfrequenz beschleunigt. Allein die Zunahme der Bluttemperatur, vermittelt durch eine hohe Umgebungstemperatur, führt im Laufe eines Dauerlaufs oder Wettkampfs zu einem ansteigenden Herzfrequenzverlauf.

Ein Sportarzt im Stern Nr. 23/2000:
"Wer nüchtern trainiert, zwingt den Körper, Fett zu verbrennen, weil nur wenig vom schnell verfügbaren Zucker im Körper kreist".

die Antwort:
Der Körper greift, ob mit oder ohne Frühstück, immer zuerst die für ihn zugänglichste und am leichtesten aufspaltbare Energiequelle an und das sind die Kohlehydrate (Glykogen), die im Muskel und Leber gespeichert sind. Bei einer aeroben Belastungsintensität besteht jedoch immer eine gemischte Energiebereitstellung. "Voll auf den Fetten" läuft man nur dann, wenn z.B. bei einer zu schnell angegangenen Marathon-Laufgeschwindigkeit bei Kilometer 30 - 35 die Kohlehydrate nahezu aufgebraucht sind und der Sportler das Rennen nur noch mit deutlich reduzierter Laufgeschwindigkeit (wenn überhaupt) und mit erheblichen Missempfindungen fortsetzen kann.

Ein Trainer in Running, 01/2003, Projekt "Von Null auf 42"
"Der Dauerlauf im mittleren Lauftempo wird am häufigsten eingesetzt, stellt den besten Kompromiss zwischen Umfang und Intensität dar und macht den Hauptanteil des Trainingsumfangs aus (Intensitätsbereich 2-3 Laktat). Die Dauer spielt sich zwischen 45-90min ab. In diesem Intensitätsbereich sind die gesundheitlichen Effekte auf Kreislauf und Stoffwechsel am deutlichsten ausgeprägt."

die Antwort:
Ab einer mittleren, guten und sehr guten Ausdauerleistung mit entsprechenden Schwellenwerten von 3,5, 4,5 und >5.0m/s sind Läuferinnen und Läufer bei 2-3mmol/ Laktat bereits mit 75-85% an ihrer maximalen aeroben Leistungsfähigkeit, bzw. Sauerstoffaufnahme belastet. Die dominierende Energiequelle sind die Kohlenhydrate (nicht die Fette) und es handelt sich hier nicht mehr um ein Grundlagenausdauertraining. Eine Laufgeschwindigkeit, die zu 2-3 mmol/l führt, kann noch nicht mal in einem Marathonlauf durchgehalten werden, da es aufgrund des hohen Kohlenhydratumsatz zu einer frühzeitigen erschöpfenden Entleerung kommen würde.

Würde ein Läufer wie o.a. seine "häufigsten" Trainingseinheiten in diesem Stoffwechselbereich realisieren, würde er bereits nach einigen Tagen im Übertrainingszustand mit erhöhten Harnstoffwerten landen, wie ich es in der Betreuung von Athleten im Mittel- und Langstreckenbereich besonders in Trainingslagern leider immer wieder diagnostizieren mussten. Die "gesundheitlichen Effekte auf Kreislauf und Stoffwechsel" würden bei einem solchen zu intensivem Training persistieren bzw. abnehmen.

Die Fehlinterpretation von bestimmten Laktatwerten (und der Theorie der aerob-anaeroben Schwelle, MADER 1976) in Bezug auf eine empfohlene Laufgeschwindigkeit ist leider ein seit über 25 Jahren existierendes übel, welches zusätzlich noch durch methodisch fehlerhaft durchgeführte Laufbanduntersuchungen und die auf dem Markt von reinen Programmierern ohne jegliche theoretische Kenntnisse angebotenen Auswertungssoftware verstärkt wird.

Dr. Johannes Zeibig ist Sportmediziner.
Als „Hermann Maier-Doc“ am Olympiastützpunkt Obertauern bekannt geworden, konnte er während seiner Ausbildung zum Sportphysiologen an der Universität Wien und in der Arbeit mit einheimischen Top-Stars der Ausdauer-Szene die Wichtigkeit der Trainingssteuerung gründlich hinterfragen.

Dr. Johannes Zeibig

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