MaxFun Sports Laufsport Magazin

Die 5 Stufen der Ausdauerpyramide - Teil II -

17.04.2002, 12:00:00
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Für jeden Sportler können in der Praxis fünf verschiedene Intensitätsbereiche für das Ausdauertraining unterschieden werden.

In dem Bereich der „vollständigen Kompensation“ sollten kurze Einheiten zur Regeneration absolviert werden. Deshalb wird dieser Ausdauer-Intensitätsbereich mit A 0 (Regeneration – Kompensation) bezeichnet. Beim Läufer dauern diese Einheiten normalerweise maximal 45 Minuten. Diese regenerativen Trainingseinheiten alleine bewirken noch keine Leistungssteigerung, sie dienen aber zur Beschleunigung der Erholung nach intensiven Belastungen.

Gerade in dem Bereich, wo die Laktatleistungskurve gerade noch nicht ansteigt, liegt die ideale Intensität für das Fettstoffwechseltraining. In diesem Bereich, der mit A 1 (extensives Ausdauertraining I) bezeichnet wird, sollte der Marathonläufer seinen „long jog“ machen. Sobald die Kurve ansteigt, bedeutet das, dass schon zunehmend Kohlenhydrate verstoffwechselt werden, da die Laktatkonzentration (Laktat = Stoffwechselendprodukt des Kohlenhydratstoffwechsels) höher wird. Irgendwann beginnt aber die Laktatleistungskurve signifikant anzusteigen. In diesem Bereich liegt die nächste sehr effiziente Trainingsintensität, mit der es gelingen soll, diesen Anstieg erst später (bei höherer Leistung) zu erreichen und damit auch die aerobe Schwelle zu verbessern. Dieser „Mischbereich“ (Fette und Kohlenhydrate) wird als A 2 (extensives Ausdauertraining II) bezeichnet. Dies entspricht einem leichten bis mittleren Dauerlauf und ist meist etwas langsamer als das mögliche Marathontempo. Die Intesitätsstufen A 1 und A 2 können als extensives Ausdauertraining zusammengefasst werden. In der Literatur wird dafür häufig auch noch der Begriff GA 1 (Grundlagenausdauer I) verwendet.

Praktisch alle Ausdauersportarten verlangen aber auch eine hohe Leistungsfähigkeit im aeroben Teil (d.h. unterhalb der anaeroben Schwelle) des Kohlenhydratstoffwechsels. Deshalb sind als vierte Intensitätsstufe mittlere und schnelle Trainingseinheiten in diesem Bereich notwendig. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß es vor allem bei Läufern auch mit gleichbleibendem Tempo zu einem mehr oder weniger ausgeprägten Anstieg des Laktats kommt. Wegen dieser Laktatanhäufung sollten vom Leistungstest ausgehend diese Trainingseinheiten in einem Bereich von 2 - 3 mmol angesiedelt werden. Mit Fortdauer der Belastung kommt es ohnehin zu einem Anstieg, mitunter auch über 4 mmol hinaus. Diese Trainingsintensität wird mit A 3 (Intensives Ausdauertraining) bezeichnet. Diese Intensitätsstufe entspricht einem schnellen Dauerlauf und sollte eine Stufe langsamer als das 10km Wettkampftempo sein (ca. 10 – 20“ pro Kilometer langsamer).

Zur Entwicklung der anaeroben Schwelle (bei 4 mmol) sind auch Trainingseinheiten notwendig, die den Organismus mit ca. 4 - 6 mmol belasten. Neben kurzen, schnellen Dauerbelastungen sind „Fahrtspiele“ und das extensive Intervalltraining (Länge der Tempostrecken: 2 - 10 Minuten, z.B. 8 x 1000m mit 2 Minuten Pause oder 3 x 8 Minuten mit je 4 Minuten Pause) dazu geeignet. Diese Intensität wird mit A 4 bezeichnet. Wichtig ist v.a. für den Marathonläufer, dass dieses Intervalltraining nicht so schnell wie möglich absolviert wird, sondern nur eine Spur schneller als das mögliche 10km Tempo. Nach der letzten Wiederholung sollten Sie bei solch einem Training das Gefühl haben, dass noch 3 Wiederholungen möglich wären. Es geht schließlich nicht darum, beim Training vielleicht zwei Sekunden schneller zu laufen als in der Vorwoche (mit vielleicht immer höheren Laktatwerten), sondern beim Wettkampf! Häufige zu intensive Belastungen (über 6/7 mmol) verschlechtern die (für den Marathonläufer viel wichtigere) Grundlagenausdauer.

Prinzipiell ist eine Steuerung des Ausdauertrainings über das Tempo (bzw. die Leistung) oder die Herzfrequenz möglich. Vor allem bei schlechten Bedingungen und extremen äußeren Verhältnissen ist die Belastungsdosierung mit Hilfe der Herzfrequenz zu bevorzugen. Deshalb finden sie nachstehend zu jedem Trainingsbereich den entsprechenden Herzfrequenzbereich. Am besten bewährt hat sich die Festlegung der Intensitätsbereiche als Prozentwert in Relation zur Herzfrequenz an der 4 mmol Schwelle. Im Einzelfall sind dann allerdings je nach individuellem Verlauf der Laktatleistungskurve gewisse Anpassungen sinnvoll.

Je nach individuellen Stärken und Schwächen, der Hauptwettkampfstrecke, den Zielsetzungen und dem Saisonabschnitt sollte aus diesen fünf Intensitätsbereichen eine sinnvolle Mixtur zusammengestellt werden. Bei schwacher Grundlagenausdauer und für den Marathonläufer sind die ruhigen, langen Dauerläufe wichtiger als für den Mittelstreckenläufer. Zu Saisonbeginn sollten aber alle Ausdauersportler zuerst ihre Grundlagenausdauer entwickeln, bevor intensivere Trainingsformen eingesetzt werden. Die Grundlagenausdauer stellt immer das Fundament der Ausdauerpyramide dar.

Intensive Belastungen sind natürlich für eine Leistungssteigerung auch notwendig. Sie stellen aber immer nur „das Salz in der Suppe“ dar. Entscheidend ist auch im Training eine große Bandbreite an Intensitäten abzudecken. Der Unterschied zwischen den intensiven und den regenerativen Einheiten sollte mindestens 40 Herzschläge pro Minute betragen. Bei Läufern sollte der Unterschied zwischen den schnellsten und den langsamsten Dauerläufen ein bis eineinhalb Minuten pro Kilometer betragen. Bei Beachtung der 5 angegebenen Intensitätsbereiche werden diese Anforderungen erfüllt.

Trotz aller wissenschaftlichen Vorgaben sollte sie aber nie ihr Gefühl, bzw. ihr subjektives Belastungsempfinden außer Acht lassen. Bei jedem Sportler gibt es Tage, wo ein gewisses Maß an Flexibilität oder sogar der „Mut zur Pause“ eine Anpassung des Trainingsprogramms sinnvoll erscheinen lassen. Unabhängig vom Leistungsniveau gilt, daß das Training um so besser wirkt, je mehr Freude sie daran haben. Disziplin und Konsequenz sind im Ausdauersport notwendig, aber eine Leistungssteigerung läßt sich nicht erzwingen.

Autor: Mag. Wilhelm Lilge, Leiter des IMSB-Wien (Österreichs führendes Institut zur Leistungsdiagnostik und Trainingsberatung für Ausdauersportler), Trainer mehrerer Spitzensportler und vieler Hobbyläufer

Mag. Wilhelm Lilge

Link: www.imsb.at

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