MaxFun Sports Laufsport Magazin
Trainingsgrundsätze
01.01.2000, 12:00:00
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Niemand ist nur Läufer, auch ein Profi nicht. Die körperliche Aktivität ist nur ein Aspekt, wenn es um Leistungssteigerung und Freude an der Bewegung geht. Sicher ein wichtiger. Aber viele andere Faktoren beeinflussen das Wohlbefinden und die Wirkung des Laufens: die Ernährung, die Situation im Beruf, private Sorgen und privates Hochgefühl, Schlaf, Erholung, Leistungsdruck ... . Es geht darum, die Rahmenbedingungen zu optimieren und eine entspannte Atmosphäre für das Training zu schaffen. Schrittweise steigern Mehr trainieren. Ganz einfach, wer schneller werden will, muss, so meint man: Mehr trainieren. Ein verführerisches, aber trügerisches Rezept. Denn der Körper verkraftet eine Steigerung des Trainingsumfangs nur bedingt. Wer nie mehr als 40 Kilometer pro Woche gelaufen ist, kann nicht plötzlich 70 Kilometer schaffen. Die wöchentliche Trainingsdauer sollte nur schrittweise erhöht werden. Als angemessene Steigerung des Umfangs gelten etwa 25 Prozent im Abstand von sechs bis acht Wochen. Je mehr man bereits trainiert, umso geringer sollen jedoch die Steigerungen sein. Grundsätzlich gilt: Zuerst die Trainingsdauer erhöhen, dann erst die Intensität. Grenzen beachten Wenn ich die Zeit dazu hätte, wie ein Profi zu trainieren ... - so träumen viele. Es haben jedoch nur sehr wenige Menschen die körperlichen Voraussetzungen dazu, Spitzenleistungen zu erbringen. Zeitbudget hin oder her. Jeder hat eine individuelle Belastungsgrenze, die nur um den Preis von Erschöpfung, Krankheit oder Verletzungen überschritten werden kann. Alles andere weckt falsche Hoffnungen und übertriebenen Ehrgeiz. Wer mit Gewalt über seine Grenzen geht, wird nicht mehr stärker, im Gegenteil. Das gilt auch für Leistungssportler. Langfristig denken Marathonlaufen verlangt Ausdauer - über 42,195 Kilometer und mehrere Jahre. Es ist kein Sport der schnellen Erfolge, es braucht lange Aufbauarbeit. Das Herz-Kreislaufsystem scheint fast beliebig trainierbar, und die meisten Menschen können innerhalb weniger Monate so weit gebracht werden, einen Marathon durchzuhalten. Um seine Grundlagenausdauer optimal zu entwickeln braucht es jedoch etwa fünf bis sieben Jahre. Trainingsjahre bringen Zinsen. Zudem fordern die Muskeln, Sehnen und Gelenke eine langsame Anpassung an zunehmende Trainingsumfänge und Intensitäten. Ich habe mich praktisch unverwundbar gefühlt, so Dagmar Rabensteiner. Bis zu meiner ersten Verletzung. Es war eine Sehnenscheidenentzündung am vorderen Schienbeinmuskel - typisch für viele Läufer, die zu wenig auf ihren Körper hören, die Umfänge zu rasch steigern und Leistung um jeden Preis erzwingen wollen, wie ich das zu diesem Zeitpunkt tat. Erholung macht stark Training heißt hohe Belastung, um schneller oder ausdauernder zu werden. Aber eine Leistungssteigerung ist nur bei ausreichender Erholung möglich. Trainingswirksame Reize wie etwa Intervall-Läufe in hohem Tempo bringen den Körper aus dem Gleichgewicht, schwächen ihn, machen ihn müde. Um für die nächste Belastung besser gerüstet zu sein, passt sich der Körper an: Atmung, Herz, Kreislauf und Muskulatur werden leistungsfähiger. Diese Superkompensation ist das Prinzip hinter jedem Training (Abbildung). Wer ohne Pause und am liebsten so richtig hart trainiert, lässt dem Körper aber keine Zeit, um stärker zu werden. Jeder ist anders Dagmar Rabensteiner läuft am liebsten durch den Wald, sodass sie oft nicht einmal genau weiß, auf welchem Hügel sie gerade dahinfliegt. Ihr Schritt ist dabei locker und frei, so dass sie sich trotz des hügeligen Geländes muskulär wenig beansprucht. Andere Läufer trainieren hingegen mit Vorliebe auf flachen, exakt vermessenen Strecken, weil sie dabei Erholung, Belastung und Distanzen besser kontrollieren können. Alle berücksichtigen im Grunde die gleichen Trainingsprinzipien. Aber sie laufen unterschiedlich. Jeder reagiert auf Trainingsreize individuell. Verlier nie die Freude dabei! Das ist das wichtigste. In sich hineinhorchen und so laufen, dass es Spaß macht. Trainingspläne sind gut, Kontrolle der Pulsfrequenzen ebenso, und wer seine Leistung steigern will, muss sich auch anstrengen. Aber entscheidend ist das Gefühl für seinen Körper. Einfach herumlaufen aus Jux und Tollerei, das brauche ich immer wieder, besonders nach einem Rennen. So kann ich mir die Freude am Training erhalten. Ruhetage: Sind sie auszuhalten? Oder notwendig? Jemand auf dem sportlichen Niveau wie Dagmar Rabensteiner läuft selbstverständlich jeden Tag. In den allermeisten Fällen trainiert sie zweimal täglich, insgesamt bis zu 20 Stunden pro Woche. Eine solche Belastung ist jedoch nur bei außergewöhnlichem Talent und nach längerem Aufbau möglich. Für Hobbyläufer sind einzelne Ruhetage sehr sinnvoll, weil der Körper längere Zeit zur Regeneration braucht als bei einem Spitzensportler. Vielen fällt es jedoch schwieriger zu pausieren als zu trainieren. Gerade an Ruhetagen, von denen man sich eine Stärkung erwartet, fühlt man sich oft müde und kraftlos. Und dann diese Unruhe im Kopf: Du willst ja schneller werden. Du musst arbeiten dafür. Du musst trainieren. Aber nur durch Pausen kann man stärker werden. Ansonsten bedeutet Laufen Zusatzstress - und der schwächt. Wer für sein Wohlbefinden läuft, findet mit weitaus weniger das Auslangen: Bereits drei- bis viermal pro Woche Laufen, jeweils ca. 30 - 40 Minuten, hat eine hervorragende gesundheitliche und psychische Wirkung. Die Verbesserung kommt sprunghaft Wann werde ich endlich besser? Viele, die sich Tag für Tag beim Laufen bemühen, fragen sich das: Wann spüre ich endlich einen Trainingseffekt? Man trainiert regelmäßig, und lange Zeit scheint gar nichts passieren, außer dass man mehr oder weniger müde vom Laufen zurückkehrt. Das Bemerkenswerte ist: Der Körper scheint sich in Sprüngen zu verbessern. Nach etwa sechs bis acht Wochen ist es, als würde man einen Schritt vorwärts machen - und die Erfolgserlebnisse kommen wie im Galopp. Wie leicht das Laufen plötzlich fällt! Das Tempo wird höher, man kann länger laufen, man ist schneller wieder erholt. Erst nach einem solchen Sprung, wenn man diese neue Leistungsfähigkeit in sich spürt, kann die wöchentliche Trainingsdauer gesteigert werden. Es braucht erneut einige Wochen Anlauf, dann ist der Körper bereit für eine weitere Verbesserung. Bleibt das Training gleich, bleibt auch der Körper auf seinem - erhöhten - Niveau. Nie jeden Tag gleich Egal ob das Ziel Gesundheit oder Bestzeit heißt. Wichtig ist: Abwechslung. Der Körper soll vielseitig belastet werden, unterschiedlich schnell, unterschiedlich lang und mit unterschiedlichen Sportarten. Wer etwa für einen Halbmarathonlauf trainiert, für den steht das Laufen klarerweise im Vordergrund, besonders je näher der Zeitpunkt des Rennens rückt. Aber die allgemeine Ausdauer - Grundlage für die Gesundheit und praktisch jede Sportart - ist auch durch Radfahren, Skaten, Langlaufen, Wandern, Bergsteigen, Schwimmen oder Aqua-Jogging hervorragend trainierbar. Ich fahre sehr viel und sehr gern auf dem Rad. Es schont Muskeln und Sehnen, und der Fettstoffwechsel wird bei niedrigen Belastungen sehr gut trainiert, ist für Dagmar das Radfahren besonders in Zeiten hoher Trainingsumfänge nicht wegzudenken. Es kann sein, dass sie vormittags eine Stunde im Marathontempo läuft und nachmittags 120 Kilometer am Rennrad zurücklegt. Oder dass sie abends mit der Wet-Vest hohe Intensitäten im Wasser trainiert (Aqua-Jogging), und am nächsten Vormittag auf der Laufbahn Intervalle läuft. Das Alternativtraining hat mir auch bei Verletzungen sehr geholfen. Im Dezember 1999 konnte ich vier Wochen nicht laufen und bin nur am Rad gesessen. Es hat mich extrem verunsichert. Der erste Test am Laufband hat dann gezeigt, dass ich mein Leistungsniveau gehalten habe. Auch beim Laufen selbst ist Abwechslung gefragt: Neue Strecken suchen. Über Wiesen und auf Waldwegen joggen, nicht nur auf Asphalt. Einmal nur eine halbe Stunde, das nächste mal vielleicht 90 Minuten laufen - dazu braucht es bereits einige Ausdauer. Zwischendurch oder zum Schluss ein paar Minuten schneller laufen - das ist anstrengend, fördert aber das Gefühl für Tempowechsel und Koordination. Wie ein Klavierspieler seine Fingerübungen, machen auch Läufer regelmäßig ihre Basisarbeit, zum Beispiel mit dem sogenannten Lauf-ABC. Das sind Übungen wie Anfersen, Hopserlauf, kleine Schritte auf den Zehenballen, beim Laufen die Knie anheben, kurze Beschleunigungsschritte ... Wer sich nur im Vertrauten bewegt, lernt nichts mehr dazu. Es braucht immer wieder Neues, um die Kräfte zu aktivieren. Dr.Dagmar Rabensteiner Link: www.sportmed.co.at |